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ORTSTERMIN: Innenminister besucht Sparpotenzial

Ganz am Schluss, als eine Kriminaltechnikerin für Werkzeugspuren ihre Arbeit mit Abdrücken und Mikroskopen vorstellt, kann Rainer Speer (SPD) die Langeweile kaum verbergen. Er schaut einfach ins Leere, er ist nicht mehr ganz dabei.

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Ganz am Schluss, als eine Kriminaltechnikerin für Werkzeugspuren ihre Arbeit mit Abdrücken und Mikroskopen vorstellt, kann Rainer Speer (SPD) die Langeweile kaum verbergen. Er schaut einfach ins Leere, er ist nicht mehr ganz dabei. Einen Vortrag, den Besuch im Labor für Fingerabdrücke und im Führungs- und Lagezentrum sowie eine kleine Waffenschau des Sondereinsatzkommandos (SEK) hat er da schon hinter sich. Speers Problem: Wenn ihn etwas partout nicht interessiert oder ihm zu lange dauert, steht es ihm ins Gesicht geschrieben.

Dabei ist es der Antrittsbesuch des alten Finanz- und neuen Innenministers beim Landeskriminalamt (LKA) in Eberswalde; später geht es noch nach Prenzlau zum Schutzbereich Uckermark und zur Bernauer Zentralwache im Barnim. Aber es ist auch der Tag, an dem bekannt wird, dass Speer eine erhebliche Zahl der bislang 9 000 Stellen bei der brandenburgischen Polizei abbauen will. Doch dazu äußert sich Speer auch auf Nachfrage nicht konkret, er bleibt im Ungefähren. Zum Beispiel wenn es um die Beamten in Prenzlau geht, denen die Gewerkschaft wie all den anderen im Land Überlastung, Überalterung und den höchsten Krankenstand seit 20 Jahren attestiert. Auf die Frage, was er diesen Polizisten zur anstehenden Strukturreform und zum Stellenabbau sagen wird, meint Speer nur: „Die Beamten arbeiten, wie es sich gehört, sie erscheinen pünktlich zur Dienstzeit und erfüllen ihre Aufgaben. Sie stellen sicher, dass die Polizei präsent ist.“ Und um die Zusammenlegung von Schutzbereichen im strukturschwachen Nordosten Brandenburgs – Speer spricht erst vom Nordwesten – gehe es ebenfalls nicht.

Auch sonst hält sich Speer bedeckt: Mitte des Jahres könnte er konkrete Zahlen zum Stellenabbau nennen und am Freitag stelle er erst einmal die Expertenkommission zur „Polizeistruktur 2020“ vor. Auf jeden Fall werde er nicht den „Untergang des Abendlandes“ verordnen.

Bislang ist in Potsdam die Rede von 3000 Stellen, die gestrichen werden sollen, Speer dagegen spricht von „Zahlen, die nicht belegbar sind“ und auch sonst in keinerlei Unterlagen auftauchen. Dabei hatte er sie selbst in den Koaltionsverhandlungen mit CDU und Linken präsentiert. Speers kolportiert nun in Eberswalde, die Union habe diese Zahl gestreut. Fest steht aber: SPD und Linke decken Speer den Rücken, die Expertenkommission soll die Zahl der Wachen, Schutzbereiche und Präsidien prüfen. Ein Beschluss von Rot-Rot im Landtag für ein Polizei-Konzept steht bevor – um eine „bedarfsgerechte Personal- und Strukturplanung“ zu gewährleisten.

Die Gewerkschaften warnen an diesem Mittwoch vor dem neuen Personalabbau. Wolfgang Bauch, Landesvorsitzender beim Bund Deutscher Kriminalbeamter in Brandenburg, sagt: „Die Landesregierung ist entschlossen weiter Personal abzubauen. Wir hatten 2002 eine Strukturreform und 2008 Veränderungen bei der Kripo. Dabei ist immer an der Basis gespart worden. Für uns ist die Schmerzgrenze erreicht.“ Auch Andreas Schuster, Landeschef der Gewerkschaft der Polizei (GdP) sagt, mit den neuen Plänen hätten die Parteien ihren Kredit bei der Polizei verspielt. „Wer weiter deutlichen Personalabbau in der Polizei betreibt, muss den Bürgern sagen, dass dies Auswirkungen auf deren Sicherheit hat.“

Über das LKA mit seinen 735 Mitarbeitern sagt Speer, es müsse „in welcher Form auch immer aufrecht erhalten werden“, „der Bedarf ist zweifelsfrei da“, die Behörde „auf dem modernsten Stand“. Tatsächlich stehen allein in den Laboren der Kriminaltechniker Geräte im Wert von fast zehn Millionen Euro. Speer sagt, da müssten Verbrecher in Brandenburg auf der Hut sein.

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