
© imago
Brandenburgs Polizeireform: Innere Unsicherheit
Erst so, nun so: Innenminister Holzschuher (SPD) lobt Polizeireform: „Sicherheit überall gewährleistet“.
Stand:
Potsdam - Brandenburgs Innenminister Ralf Holzschuher (SPD), der jüngst selbst Sicherheitsdefizite im Land wie den Einsatz zu weniger Streifenwagen in einigen Regionen eingestand, hat die aus dem Ruder gelaufene Polizeireform vehement verteidigt. Und zwar im Innenausschuss des Landtages, wo er am Donnerstag „grundsätzliche Aussagen“ zur aktuellen Debatte machte, die er selbst ausgelöst hatte. „Mein Eindruck ist leider, dass es da medial untersetzt sehr viel Verwirrung gibt“, sagte Holzschuher. Die folgenden Aussagen des Ministers standen dann im Kontrast zu jüngsten öffentlichen Verlautbarungen von Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD), der grundlegende Korrekturen an der Polizeireform angekündigt hat. Holzschuher kritisierte zudem Polizeigewerkschaften, Medien, Staatsanwälte und die Opposition.
„Die Polizeistrukturreform war und ist richtig. Sie hat im Lande moderne und zukunftsfeste Strukturen geschaffen, die Sicherheit überall gewährleisten“, erklärte der Innenminister wörtlich. „Es ist eine sinnlose Debatte, sie rückgängig zu machen.“ An anderer Stelle bekräftigte er noch einmal: „Sicherheit ist überall gewährleistet.“ Dass sich die Interventionszeiten bis zum Eintreffen der Polizei am Unfall- oder Tatort im Land seit 2011 verschlechtert haben, dass es Probleme mit dem Wach- und Wechseldienst gibt, gestand Holzschuher zwar erneut ein – fügte dann jedoch hinzu: „Das hat nichts mit der Polizeistrukturreform zu tun.“ Es seien bei der Umsetzung lediglich „einige Unwuchten entstanden“. Konkret nannte er etwa, dass alle Polizeireviere – außer in Pritzwalk – immer noch rund um die Uhr mit eigentlich „überflüssigen Nachtdiensten“ besetzt werden müssen, weil sich nötige Umbauten verzögern.
Dagegen hatte Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) am 2. Januar 2014 in einem autorisierten Zeitungsinterview zu der vom früheren Minister Rainer Speer (SPD) eingeleiteten Reform, nach der die Polizei statt derzeit mit 8300 künftig mit 7000 Stellen auskommen sollte, wörtlich verkündet: „Die ursprünglichen Pläne sind nicht mehr realistisch. Wir werden die Zahl deshalb erhöhen. Ich habe zuletzt von 7300 bis 7400 Stellen gesprochen. Aber auch diese Zahl muss noch an die tatsächlichen Anforderungen angepasst werden.“ Woidke hatte weiter ausgeführt, Zitat: „Wir prüfen jetzt zusätzlich die organisatorischen Abläufe in den Direktionen. In wenigen Tagen stellen wir erste Ergebnisse vor. Dann werde ich eine Entscheidung treffen.“ Seitdem gilt die Polizeireform als Chefsache des Ministerpräsidenten, der vorher selbst Innenminister war. Von der Grünen-Innenexpertin Ursula Nonnemacher mit diesen Woidke-Aussagen konfrontiert, antwortete Holzschuher: „Wie dies zustande gekommen ist, fragen Sie bitte den Ministerpräsidenten selbst!“ Es gebe zwischen ihm und Woidke „keinen Dissens“ zur Polizeireform, „er verfolgt die gleichen Ansätze wie ich auch“. Holzschuher betonte, dass die derzeit rund 8300 Polizisten ausreichen. „Wir können mit deutlich weniger Polizisten auskommen, wenn sie richtig eingesetzt werden.“ Er erwarte vom Landespolizeipräsidium kurzfristig Vorschläge, „wie mit diesem Personal die Vorgaben des Landtages eingehalten werden“, dass sich Interventionszeiten nicht verschlechtern, es keine Abstriche beim Wach- und Wechseldienst gibt.
Wie berichtet prüft das Polizeipräsidium dabei auch die Versetzung von Kripobeamten in den Streifendienst, was Opposition, Staatsanwälte, Polizeigewerkschaften kritisieren. „Es ist eine Phantomdebatte“, sagte Holzschuher dazu. „Ich habe zu keinem Zeitpunkt gesagt, dass Kriminalisten in den Wach- und Wechseldienst gehen.“ Er bezeichnete es als Fehlinformation in der Presse. Dass sie aufgegriffen wurde ohne Rücksprache mit ihm, werfe er nicht der Opposition vor. „Aber den Vertretern der Berufsverbände werfe ich das vor.“ Der FDP-Abgeordnete Hans-Peter Goetz wies Holzschuher auf die Schwächung der Kriminalpolizei im Zuge der Polizeireform hin. Auch Staatsanwaltschaften kritisierten etwa die schlechter gewordene Qualität von Ermittlungsakten. „Ich habe von diesem Problem so nichts gehört“, sagte Holzschuher. „Die Kriminalpolizei ist der Bereich, in dem die wenigsten Probleme geschildert werden.“ Und weiter: „Auch die Staatsanwaltschaft weiß, wie man den Minister erreicht. Wenn man etwas will, dann erwarte ich, dass man sich an mich wendet.“ Abgeordnete der Regierungsfraktionen SPD und Linke kommentierten Holzschuhers Auftritt nicht.
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: