Brandenburg: Investierende Künste
Ministerin Sabine Kunst will an die Spitze der Berliner Humboldt-Uni. In Potsdam präsentierte sie schon mal eine Kulturbilanz
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Potsdam - Jeden zweiten Touristen zieht die Kultur nach Brandenburg, in die oft unterschätzte Provinz. Diese Zahl wurde am Montag auf einer Regierungspressekonferenz in Potsdam genannt. Auf der verkündete Brandenburgs scheidende Kultur- und Wissenschaftsministerin Sabine Kunst (SPD), die mögliche neue Präsidentin der Humboldt-Universität, den Abschluss eines langjährigen Kulturinvestitionsprogramms. Seit der Jahrtausendwende sind demnach rund 130 Millionen Euro vor allem aus europäischen Töpfen in hundert Museen und andere Kultureinrichtungen geflossen, die wiederum mehr Gäste locken. „Und der Kulturtourismus trägt dazu bei, dass Einrichtungen langfristig gesichert werden können“, sagte Kunst. Ein Folgeprogramm sei nicht mehr geplant, „das ist auch eine Konsequenz aus dem Erfolg“.
Worum es ging, illustriert das Neuruppiner Museum, das voriges Jahr einen 800 000 Euro teuren Anbau für die berühmte „Bilderbogen-Sammlung“ einweihen konnte. Prompt hat das Museum, das laut Direktor Hansjörg Albrecht zwar „schon Theodor Fontane kannte“, aber einen überschaubaren Zuspruch hat, die Besucherzahl verdoppeln können. Seit der Eröffnung seien 2015 rund 11 000 gekommen, 2014 seien es 5500 gewesen.
Die Liste der Museen, die aus dem Programm erweitert oder rekonstruiert wurden, reicht vom Kleist-Museum in Frankfurt (Oder) über das Hedwig-Bollhagen-Museum in Velten bis zum Reformationsmuseum in Mühlberg. Die Effekte registriert auch die Tourismusmarketinggesellschaft Brandenburgs (TMB). 49 Prozent der Übernachtungsgäste – das waren 2014 4,4 Millionen, 2015 geschätzt 5 Millionen – kommen aus kulturellen Gründen, sagte TMB- Chef Dieter Hütte. Die Zahlen kommen aus einer Marktforschungsanalyse, die 2014 für die TMB erstellt wurde. Von den Kulturreisenden wiederum sind laut Hütte 60 Prozent wegen der Sehenswürdigkeiten da, 15 Prozent wegen Museen und 20 Prozent wegen Events wie der Potsdamer Schlössernacht.
Und die beliebtesten Ziele? Ein aktuelles Ranking gibt es nicht. Indizien liefern aber Zugriffszahlen der Tourismus-Homepage des Landes (reiseland-brandenburg.de). Auf der wurde 2015 nach TMB-Angaben – ohne Rangfolge – vor allem nach Sanssouci und anderen Schlössern, nach dem Kloster Neuzelle, dem Dieselkraftwerk in Cottbus, dem Brandenburger Dom, aber auch nach dem Kloster Chorin, dem Lausitzer Tagebaumuseum F 60, dem Ziegeleipark Mildenberg, dem Potsdamer Filmmuseum und dem Neuruppiner Museum gesucht.
In Brandenburg haben dieser Tage öffentliche Auftritte von Kunst, die einzige Kandidatin für den vakanten Posten an der Humboldt-Universität ist, den Charakter von Abschieden. Als Kunst gefragt wurde, weshalb sie der Anfrage aus Berlin folgen will, blitzte Ehrgeiz durch. In den nächsten Jahren werde sich nämlich entscheiden, antwortete sie, „ob die Hauptstadtregion in der Wissenschaft einen Spitzenplatz in der Bundesrepublik haben wird“. Dafür sei Know-how im Hochschulmanagement und in der Wissenschaftspolitik gefragt, was sie beides mitbringe. Was sie in der Politik gelernt hat? Als Präsidentin der Universität Potsdam habe sie oft Umwege gehen müssen, um etwas durchzusetzen, sagte Kunst. „Heute weiß ich sehr viel mehr über die geraden Wege.“ Und: „Im Elfenbeinturm der Wissenschaft wird über vieles nachgedacht, was mit den politischen Realitäten nicht in Übereinstimmung zu bringen ist.“
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