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Brandenburg: „Ja, wir haben gefeiert“

Umstrittenes Verhalten der Berliner Beamten in Hamburg. Unterstützung aus der Clubszene

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Berlin - Als Berlins Polizeipräsident von der „Abendschau“ gefragt wurde, ob er wegen der Party-Polizisten zurücktritt, verschluckte sich Klaus Kandt fast vor Lachen. Dies zeigte deutlich: Als Skandal, als nie da gewesene Blamage, wertet das Präsidium in Berlin die Nummer in der Provinz nicht. Eher ist man irritiert, wie hoch die Hamburger die Sache hängen. Wie berichtet hat die Polizeiführung des G-20-Gipfels am Montag drei Hundertschaften nach Berlin zurückgeschickt, weil diese sich danebenbenommen haben. Man erwarte „hanseatisches Benehmen“, hatte ein Staatsrat den Rausschmiss begründet.

Nicht zu leugnen ist, dass die etwa 220 Beamten der drei Hundertschaften, die erst am Sonntagabend ankamen, in der Nacht Party gemacht haben. Fotos zeigen Feiernde, Bierflaschen und eine Shisha-Pfeife. Wie unangemessen die Feier tatsächlich war, will sich die Polizeiführung jetzt detailliert schildern lassen, erst dann werde über mögliche Konsequenzen entschieden, hieß es. Polizeipräsident Klaus Kandt hatte am Dienstagabend in der rbb-„Abendschau“ betont, dass es nicht um Straftaten gehe. „Es wurde ein bisschen Geburtstag gefeiert“, unter den Beamten seien zwei Geburtstagskinder gewesen. Die Feier habe nicht in der Öffentlichkeit und in der Freizeit der Beamten stattgefunden, sagte Kandt. Sicher sei nur, dass Alkohol getrunken und gegen einen Zaun uriniert wurde.

Am Mittwoch äußerte sich ein Sprecher Kandts pointierter: „Sie haben ja nicht in Uniform auf der Reeperbahn wilde Sau gespielt, sondern in ihrer Freizeit in einem abgeschlossenen Containerdorf.“ Natürlich sei das Verhalten nicht akzeptabel und das Ansehen der Polizei beschädigt, man müsse aber die Kirche im Dorf lassen, sagte der Sprecher.

Zum Teil seien die Vorwürfe auch falsch. Hinsichtlich der Beamtin, die angeblich im Bademantel und mit ihrer Waffe hantierend auf dem Tisch tanzte, könne zum Beispiel der Teil mit der Waffe nicht stimmen – jedenfalls hätten die Hundertschaftsführer bei ihrer Befragung erklärt, dass der Waffen- und Gerätewart die Waffen bereits eingesammelt und weggeschlossen hatte. Das sei Routine; die Hundertschaften waren Sonntag um 23 Uhr eingetroffen und hätten erst Montag ab 18 Uhr eingesetzt werden sollen. In der Zwischenzeit seien die Waffen immer eingeschlossen, sagte Polizeisprecher Thomas Neuendorf.

Das Social-Media-Team der Berliner Polizei veröffentlichte am Mittwoch eine Stellungnahme unter dem Titel „Ja, wir haben gefeiert!“ und warb um Verständnis. „Es wurde getrunken, getanzt, gepinkelt und ja scheinbar auch ,gebumst‘, wie es unser Pressesprecher so schön formuliert hat.“ Die aus Hamburg zurückgekehrten Einheiten seien am Dienstag direkt von der Autobahn zum Stromausfall in Köpenick geschickt worden. Sie „haben dort den Verkehr geregelt, Wohnungen und Geschäfte geschützt und waren für Ihre Sicherheit im Einsatz“, schreibt das Social- Media-Team.

Am Mittwoch erhielten die Feier-Polizisten Rückendeckung von unerwarteter Stelle. Die Clubcommission – das Sprachrohr der Berliner Clubszene – dankte ihnen und lud sie zum Weiterfeiern ein. „Das Berliner Einsatzteam ist seiner Vorbildfunktion gerecht geworden und hat eine große Auftaktparty veranstaltet – traditionell kostümiert in Uniformen, mit musikalischen Einlagen und exzessiven Live-Perfomances.“ Versprochen werden den Beamten „Gästelistenplätze in einem Club Eurer Wahl“, sagte ein Sprecher. Jörn Hasselmann, Fatina Keilani

Leitartikel, Seite 1

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