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Brandenburg: Juristen: Braun hat kein Recht auf Übergangsgeld

Verwaltungsrichter und Staatsrechtler halten Zahlungen an Berlins Kurzzeit-Senator für unzulässig. Innenverwaltung weist Kritik zurück

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Berlin - Das umstrittene Übergangsgeld für den vorübergehenden Justizsenator Michael Braun (CDU) ist nach Einschätzung zweier namhafter Verwaltungsjuristen rechtlich nicht zulässig.

In einem Beitrag für diese Zeitung kommt Percy MacLean, Vorsitzender Richter am Verwaltungsgericht, zu dem Schluss, Brauns Entlassungsgesuch beim Regierenden Bürgermeister sei faktisch ein Rücktritt gewesen – ein wichtiger Unterschied, vor allem für den Steuerzahler. Denn das Senatorengesetz sieht Übergangsgeld nur bei einer Entlassung vor, nicht bei einem Rücktritt. Braun stehen nach seiner elftägigen Amtszeit in den kommenden sechs Monaten bis zu 50 000 Euro zu, abzüglich anderer Einkünfte. Braun darf die Senatorenbezüge (Grundgehalt rund 11 000 Euro brutto) für den ersten Monat, in dem er sein Amt antrat und wieder verließ, komplett behalten. Ab dem zweiten Monat werden aber alle privaten Erwerbseinkünfte auf die Summe angerechnet, wenn Braun zurück in seinen alten Beruf als Anwalt und Notar kehrt. Außerdem stehen ihm von seinen Diäten als Mitglied des Abgeordnetenhauses während der Übergangszeit nur die Hälfte zu, monatlich rund 1600 Euro.

Nach der Affäre um Beurkundungen von überteuerten Immobilien hatte Braun den Senatschef um seine Entlassung gebeten, und Klaus Wowereit kam dieser Bitte nach – für MacLean ein Etikettenschwindel. Entscheidend sei allein die Initiative für den Rückzug. „Geht sie vom Senator aus, endet das Amt durch Rücktritt; geht sie vom Regierenden Bürgermeister aus, endet es durch Entlassung.“ MacLean fordert, dass der Senat Braun kein Übergangsgeld zahlen soll. Innensenator Frank Henkel (CDU) solle „schon um der Gefahr der Untreue vorzubeugen, die Auszahlung strikt verweigern und es notfalls auf einen Rechtsstreit ankommen lassen“.

Ähnlich sieht das der Staats- und Verwaltungsrechtler, FU-Professor Christian Pestalozza. „Die Bitte um Entlassung ist dasselbe wie ein Rücktritt. Wäre ich Regierender Bürgermeister, würde ich Herrn Braun das Geld nicht auszahlen.“ Für Außenstehende wäre es wohl aber schwierig, gegen Zahlungen vorzugehen, wenn Senat und Ex-Senator sich einig sind.

In der Innenverwaltung weist man die Aufforderung an Henkel empört zurück. „Mich irritiert schon, dass ein Richter einen Senator über die Medien zu einem möglichen Rechtsbruch auffordert“, sagte Staatssekretär Bernd Krömer auf Anfrage. „Es zeugt auch von einer ungewöhnlichen Rechtsauffassung, wenn man eine Entlassung nachträglich in einen Rücktritt uminterpretiert.“ Zwar könne man über eine Änderung des Senatorengesetzes diskutieren, zum Beispiel über eine Mindestamtszeit. „Das, was jetzt geschieht, ist jedoch außerordentlich unseriös.“ Aus der Senatskanzlei hieß es: „Der Regierende Bürgermeister hat in der Angelegenheit nach den von der Verfassung vorgegebenen Regeln entschieden.“ Ex-Senator Braun lehnt Stellungnahmen ab.

Dass Wowereit dem Entlassungswunsch entsprach, dürfte auch der Rücksichtnahme auf den Koalitionspartner geschuldet sein. Auch eine gerichtliche Auseinandersetzung mit Braun wäre zu befürchten gewesen – oder der Senator hätte sein Amt gar nicht erst aufgegeben.

Bei der Opposition teilt man die Sicht von Kritikern wie MacLean. „Das war ein De-Facto-Rücktritt“, sagt der Rechtspolitiker und Landeschef der Linkspartei, Klaus Lederer. Grünen-Fraktionschefin Ramona Pop kritisiert vor allem Wowereit: „Es war schlechter politischer Stil, dieses Spiel mitzuspielen.“

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