zum Hauptinhalt
In einer Pressemitteilung weist Justizsenator alle gegen ihn erhobenen Vorwürfe zurück.

© dapd

Verkauf von Schrottimmobilien: Justizsenator Michael Braun tritt zurück

Update. Justiz- und Verbraucherschutzsenator Michael Braun tritt von seinem Amt zurück. Das verkündete CDU-Chef Frank Henkel nach einer Präsidiumssitzung der Berliner CDU. Damit zieht Braun die Konsequenzen aus der Affäre um den Verkauf von Schrottimmobilien.

Von

Stand:

"Die Mitglieder des Präsidiums haben Braun volles Vertrauen ausgesprochen", sagte Berlins CDU-Chef Frank Henkel. "Die zahlreichen Argumente von Michael Braun wurden öffentlich leider nie zur Kenntnis genommen." Henkel sagte weiter: "Dennoch hat Braun mitgeteilt, dass er aufgrund der einseitigen Berichterstattung Berlins Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit um seine Entlassung bitten wird - zum Wohle der Stadt und um Schaden von seinem Amt abzuwenden." Das Präsidium habe den Entschluss mit Bedauern und Respekt zur Kenntnis genommen. Damit zieht Justizsenator Michael Braun die Konsequenzen aus den Vorwürfen, er sei in Geschäfte mit Schrottimmobilien als Notar verstrickt.

Am Montagmorgen hatte Braun zunächst seine Zuständigkeit für den Verbraucherschutz abgegeben - vorerst, bis zur Klärung der Vorwürfe, wie er sagte. Nun folgte der vollständige Rücktritt. Anlass ist die Affäre um den Verkauf von so genannten Schrottimmobilien. Der Opposition hatte Braun am Montagmorgen erneut kritisiert. "Es wird nicht reichen, einfach das Amt als Verbraucherschutzsenator ruhen zu lassen", sagte Grünen-Fraktionschefin Ramona Pop dem Tagesspiegel am Montagvormittag. Braun müsse nach den gegen ihn bekannt gewordenen Vorwürfen "von allen Ämtern zurücktreten", fordert Pop. Ähnliches war zuvor auch von den anderen Oppositionsparteien zu hören gewesen.

Bleibe Braun weiterhin Justizsenator, so Pop, "entsteht der Eindruck, Rot-Schwarz knüpft nahtlos an die 90er Jahre an, als Politik und Immobiliengeschäfte in Berlin verquickt waren". Kritik äußert Pop auch daran, dass nun gerade der Präsident des Landgerichts die Vorwürfe gegen Braun aufklären soll. "Es ist schwierig, gegen den eigenen Dienstherren zu prüfen - das geht nur, wenn Braun nicht mehr Justizsenator ist."

In seiner am Montagfrüh verbreiteten Erklärung forderte Braun die "Offenlegung der Vorwürfe". Der Senator erklärt darin: "Alle Urkundsbeteiligten, die Beanstandungen gegen meine Amtsausübung als Notar haben, fordere ich auf, diese Beanstandungen unverzüglich bei dem Präsidenten des Landgerichts Berlin als zuständige Dienstaufsichtsbehörde für die Notare vorzubringen." Der Präsident des Landgerichts habe sich bereit erklärt, gemeinsam mit seinen richterlichen Mitarbeitern etwaige Vorgänge unverzüglich und zügig zu prüfen. "Bis zur Klärung etwaiger Beanstandungen durch den Präsidenten des Landgerichts werden die Dienstgeschäfte für den Bereich des Verbraucherschutzes durch meine Staatssekretärin Sabine Toepfer-Kataw geführt“, sagte Braun. Damit gibt Braun zwar die Zuständigkeit für den Verbraucherschutz ab, Justizsenator will er aber bleiben.

Am Wochenende hatte sich Braun als Notar ohne Fehl und Tadel gezeigt. Das ergibt sich aus einer Mitteilung des CDU-Politikers, die die Verwaltung des Justiz- und Verbraucherschutzsenators am Sonntagnachmittag an die Medien verschickte. Zuvor waren die Zeitungen einmal mehr voll von Fällen, in denen die Käufer sogenannter Schrottimmobilien Braun vorwarfen, er habe sie als Notar in die Falle laufen lassen, in die die Verkäufer der überteuerten Wohnungen sie gelockt haben sollen.

Braun teilt mit, dass „lediglich 67“ seiner mehr als 700 zwischen Juni 2010 und November 2011 abgewickelten Notariatsgeschäfte sich auf Kaufangebote bezogen hätten. Die Trennung von Geschäften in – zur Verwirrung vieler Laien rechtsverbindlichen – Kaufangebote und spätere Annahme durch den Verkäufer gilt als typisch für unseriöse Geschäfte. Sieben dieser Beurkundungen erfolgten laut Braun nach 20.30 Uhr abends, keine nach 22 Uhr. Ungewöhnliche Beurkundungszeiten gelten als weiteres Indiz für fragwürdige Deals. Ein Verbraucherschützer erklärte dazu: „Die geschulten Immobilienvermittler machen den Notartermin ganz schnell, sobald sie ihren Interessenten sturmreif geschossen haben.“

Durch die Berichterstattung sieht sich Braun eher ent- als belastet: Offenbar seien Käufer „von manchen Vertriebsbeauftragten bewusst“ zu falschen Angaben animiert worden. „Das spricht gegen ein rechtswidriges Zusammenwirken von Vertriebsbeauftragten und mir.“ Mehrere auf die Deals Hereingefallenen hatten allerdings berichtet, dass Braun nie detailliert nachgefragt habe. Im Rechtsausschuss des Parlaments hatte Braun am vergangenen Mittwoch noch betont, er sei bei möglicherweise fragwürdigen Fällen „besonders sorgfältig“ gewesen.

Dass seine Bilanz erst im Juni 2010 beginnt, erklärt Braun mit einer damals von „Finanztest“ ausgegebenen Warnung vor windigen Immobiliendeals. Die jetzt bekannt gewordenen Fälle sind teils ganz aktuell, teils Jahre alt, tauchen also in der Bilanz gar nicht auf. Der „Spiegel“ meldet, Braun wisse schon seit einem Schreiben des Landgerichts im August, dass Ärger wegen dreier mutmaßlich sittenwidriger Geschäfte auf ihn zukomme. Braun teilte mit, er sei in diese Verfahren nicht involviert. Bei der monatlichen Sitzung des Präsidiums der Berliner CDU, die seit Montagmorgen um 8.30 Uhr läuft, dürfte es vor allem um Braun gehen, der auch Kreischef von Steglitz-Zehlendorf ist. Der Koalitionspartner SPD hält sich zurück, solange die Vorwürfe nicht gerichtsfest bewiesen sind.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })