Von Johann Legner: Kaiser: Aufarbeitung dank Rot-Rot Schlagabtausch über Landesgeschichte
Potsdam - Die Absicht der Opposition aus Grünen, CDU und FDP, mithilfe einer Enquete-Kommission die ersten Jahre nach der Neugründung Brandenburgs wissenschaftlich unter die Lupe zu nehmen, hat im rot-roten Lager zu Bedenken geführt. Die Fraktionsvorsitzende der Linkspartei, Kerstin Kaiser, warnte am Donnerstag in einer Erklärung davor, die mit dem sogenannten Brandenburger Weg verbundene Politik „zu denunzieren“.
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Potsdam - Die Absicht der Opposition aus Grünen, CDU und FDP, mithilfe einer Enquete-Kommission die ersten Jahre nach der Neugründung Brandenburgs wissenschaftlich unter die Lupe zu nehmen, hat im rot-roten Lager zu Bedenken geführt. Die Fraktionsvorsitzende der Linkspartei, Kerstin Kaiser, warnte am Donnerstag in einer Erklärung davor, die mit dem sogenannten Brandenburger Weg verbundene Politik „zu denunzieren“. Kaiser machte indirekt klar, dass sich die PDS, die Vorgängerin der Linkspartei, spätestens mit der Kontroverse um die Stasi-Vergangenheit des früheren Ministerpräsidenten Manfred Stolpe (SPD) trotz ihrer Oppositionsrolle mit verantwortlich fühlt für wesentliche Weichenstellungen der Landespolitik in den 1990er Jahren. So zählt sie als Errungenschaften eine eigenständige Sozialpolitik, die Einführung des Schulfaches LER, die „Sicherung der Agrargenossenschaften“ und die besondere „Bewertung von DDR-Biographien“ explizit auf. Es gehe jetzt darum, „sich davor zu hüten, das alles über Bord zu werfen“.
Johanna Wanka, die CDU-Landesvorsitzende und Fraktionschefin, stufte die Erklärung von Kaiser als „peinliche Äußerungen“ ein. Es sei 1989 mit dem Ende der DDR nicht in erster Linie um soziale Verantwortung gegangen, sondern um „die Sehnsucht nach einem Leben in Freiheit, Selbstbestimmung und ohne SED-Diktatur“. Wanka sagte weiter: „Vielleicht erinnert sich der ehemalige Bürgerrechtler Herr Platzeck noch an diese Wünsche der mutigen DDR-Bürger und kann das auch Frau Kaiser mal erklären.“ Die CDU begrüße den Vorschlag der Grünen für einen „umfassenden Aufarbeitungsansatz“.
Kaiser schrieb in ihrer Erklärung außerdem, „eine ’Vergangenheitsbewältigung der Vergangenheitsbewältigung’, worauf die ersten Überlegungen der Grünen zur Enquete-Kommission hinauslaufen“, sei bei der Bewertung der märkischen Nachwendegeschichte und für die Zukunft nicht zielführend. Wanka entgegnete darauf: „Wer die ersten Gespräche zu diesem Vorschlag als Denunzierung eines ’Brandenburger Weges’ betrachtet, ist in der Realität noch immer nicht angekommen.“
Grünen-Fraktionschef Axel Vogel, auf dessen Initiative der von der Opposition angekündigte gemeinsame Antrag zur Berufung der Enquete-Kommission zurückgeht, nannte Kaisers Erklärung den offensichtlichen Versuch, seitens Rot-Rot Aufklärung schon im Vorfeld zu verhindern: „Sie können die Enquete-Kommission nicht verhindern, da dafür die Stimmen der drei Oppositionsfraktionen ausreichen. Also versuchen Linke und SPD, durch Überdehnung dafür zu sorgen, dass am Ende wieder nichts aufgeklärt wird in Brandenburg.“ Zu Kaisers Stolz auf die Bewahrung der DDR-Groß-Agrarbetriebe bemerkte Vogel nur: „Wir haben einen weitergehenden Aufklärungsanspruch als Frau Kaiser: Wir wollen uns nicht über die DDR-Landwirtschaft unterhalten.“ Dass Kaiser in ihrer Erklärung zudem den Eindruck zu erwecken versuche, SPD und Linke hätten mit der Bildung des rot-rot Regierungsbundes der Aufarbeitung aktiv Vorschub geleistet, nannte Vogel dreist. Wanka sagte, den Eindruck erwecken zu wollen, „durch Rot-Rot wäre Transparenz in die Aufarbeitung gekommen, ist schlichtweg falsch“.
Erste personelle Vorbereitungen für die Kommission werden bereits getroffen. Nach PNN-Informationen will die Union den Journalisten und früheren Sprecher der Stasi-Unterlagenbehörde Christian Booß in das Gremium entsenden. (mit pet, thm)
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