Brandenburg: Kanonendonner und Musketensalven
Historische Truppen aus dem In- und Ausland stellen die Schlacht von Großbeeren nach
Stand:
Historische Truppen aus dem In- und Ausland stellen die Schlacht von Großbeeren nach Von Sandra Schipp Großbeeren. Mit der märkischen Ruhe ist es in Großbeeren erstmal vorbei. Statt Vogelgezwitscher wird heute Kanonendonner und Gefechtslärm die Luft erfüllen. Schon seit ein paar Tagen wird das Dorf wieder von napoleonischen und preußischen Truppen eingenommen. Rund 500 „Soldaten“ aus dem In- und Ausland stellen dort ihr Biwak auf, um am Wochenende die legendäre Schlacht von Großbeeren nachzustellen. Vor 190 Jahren hatte General von Bülow auf einem Feld nahe dem Ort Napoleons Verbündete in die Flucht geschlagen und Berlin vor einer erneuten Besetzung bewahrt. Seither wird in Großbeeren am 23. August gefeiert. Aus dem Siegesfest ist inzwischen eine ganze Festwoche geworden – mit Ausstellungen, Bauernmarkt, Partys und Feuerwerk. In diesem Jahr werden historische Truppen aus Norwegen, Finnland, den Niederlanden und Belgien erwartet. Ihre Uniformen und Waffen wurden nach historischen Mustern gefertigt. Die Kanonen werden zwar nicht mit Kugeln, dafür aber mit Mehl „gefüttert“. Dadurch entstehe diese „große schöne Wolke“, wie sie auch in Spielfilmen zu sehen sei, sagt Mitorganisator Uwe Kober. Kober nimmt das laute Spektakel sehr ernst – er will damit der legendären Schlacht jegliche romantische Seite nehmen. Kriegsspieler seien beim Schützenverein besser aufgehoben, sagt er. Schließlich seien Kriege immer etwas Furchtbares – und die Menschheit habe bis heute nichts dazugelernt. Die Nachstellung der Schlacht basiere auf historischen Fakten – und die Wahrheit sei erschreckend, sagt Kober. Vor 190 Jahren standen die preußischen Truppen der modernsten Armee Europas mit provisorischen Waffen wie umgeschmiedeten Sensen gegenüber. In den Biwaks gab es kaum Zelte. Die meisten Soldaten mussten dicht gedrängt unter wenigen Decken bei strömendem Regen im Stehen schlafen. Sie tranken Pfützenwasser und aßen Grützensuppe, um etwas in den leeren Magen zu bekommen. Nach der Schlacht starben viele Verwundete, weil die medizinische Versorgung unzureichend war. An die vielen Toten der Schlacht wird mit mehreren Kranzniederlegungen erinnert. Dabei ziehen die historischen Truppen auch zu den benachbarten Kampfstätten von 1813 – Wietstock, Jühnsdorf und Blankenfelde. Gestern Abend konnten die Besucher auf dem Festplatz miterleben, wie ein Bauernhof durch die Soldaten requiriert wird. Und heute Nachmittag schließlich ziehen Artillerie, Kavallerie und Infanterie in die zweieinhalbstündige Schlacht. Das eigentliche Feiern kommt natürlich auch nicht zu kurz. Nach dem Gefecht und einem Abschlussappell treffen sich Soldaten, Bewohner und Gäste zum Manöverball. Der ist zugleich Auftakt für das 3. Kreiserntefest am morgigen Sonntag mit Festumzug, Gottesdienst und Bauern-Olympiade. Die historischen Truppen werden sich dann schon aus Großbeeren zurückgezogen haben – Kanonendonner gibt es erst wieder im nächsten Jahr.
Sandra Schipp
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: