Brandenburg: Katastrophenalarm wird aufgehoben
BUND will mehr Raum für Flüsse / Schönbohm gegen alleinige Bundeskompetenz für Hochwasserschutz
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Wittenberge/Potsdam - Die Hochwasserlage in der Prignitz entspannt sich. Der Katastrophenalarm wird in der Nacht zu Donnerstag aufgehoben, wie eine Sprecherin des Krisenstabes sagte. Der Elbpegel Wittenberge fiel gestern nach Angaben des Landesumweltamtes auf 6,56 Meter und damit erstmals wieder unter den Richtwert für die Hochwasser-Alarmstufe 4. Noch immer sickere Wasser durch die Deiche, die Zahl neuer Sickerstellen gehe aber zurück. Am südbrandenburgischen Elbabschnitt bei Mühlberg und auf der Oder sanken die Wasserstände auf unbedenkliche Werte. Bei Mühlberg – und ab heute auf der gesamten deutschen Oder außer der Uckermark – gilt nur noch Alarmstufe 1.
Brandenburgs Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) und Umweltminister Dietmar Woidke (SPD) dankten den fast 900 an der Elbe eingesetzten Bundeswehrsoldaten und freiwilligen Helfern für ihr Engagement. Sie verbauten den Angaben zufolge 235 000 Sandsäcke und 18 680 Quadratmeter Vlies. Woidke sagte, seit 1990 seien rund 60 Millionen Euro in die Elbdeiche investiert worden. In der Prignitz seien von den rund 70 Kilometer Elbdeich bereits 55 Kilometer erneuert oder ertüchtigt werden. Noch in diesem Jahr solle der besonders gefährdete Deichabschnitt am Rühstädter Bogen erneuert werden.
Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) forderte, statt höherer Deiche mehr Rückhalteflächen zu schaffen. Im Oktober 2003 habe die Internationale Kommission zum Schutz der Elbe 15 potenzielle Standorte für Deichrückverlegungen aufgelistet, davon 3 in Brandenburg. Doch nur drei Projekte wurden bisher umgesetzt, sagte der BUND-Landesvorsitzende Burkhard Voß. Neben zwei Rückverlegungen in Sachsen-Anhalt sei im Prignitz-Ort Lenzen eine gut 400 Hektar große Überschwemmungsfläche geschaffen worden. Dagegen steckten die Planungen zur Rückverlegung bei Borschütz nahe Mühlberg noch in den Kinderschuhen, das Projekt am Rühstädter Bogen sei Ende 2005 auf Eis gelegt worden.
Brandenburgs Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) hat Forderungen von SPD und Grünen zurückgewiesen, den Hochwasserschutz komplett dem Bund zu übertragen. Die Forderungen gingen an der Wirklichkeit vorbei, sagte Schönbohm gestern. „Wir haben innerhalb von gut drei Jahren zwei Mal so genannte Jahrhunderthochwasser gehabt. Die Länder sind damit sehr erfolgreich umgegangen.“ Der Schutz der Bürger sei den Landesregierungen wichtig, betonte Schönbohm. Deshalb würden die Länder ihre Zuständigkeit für den Hochwasserschutz auch nicht abgeben. Auf Bundesebene müsse vielmehr dafür gesorgt werden, dass Hochwasserschutz nicht durch umfängliche Einspruchsmöglichkeiten Einzelner zum Schaden der Allgemeinheit behindert wird. „Nur so können Entscheidungen schneller fallen und Hochwasserschutz rascher umgesetzt werden.“ Diese Behinderungen beim Hochwasserschutz seien auch ein Ergebnis grüner Politik. Der frühere Bundesumweltminister Jürgen Trittin (Grüne) hatte den Ländern Versäumnisse beim Hochwasserschutz vorgeworfen und ebenso wie SPD-Fraktionsvize Ulrich Kelber eine alleinige Bundeskompetenz gefordert. Länder und Kommunen hätten bewiesen, dass sie sich nicht gegen „örtliche Widerstände und kleinliche Einwände Einzelner“ durchsetzen könnten, sagte Trittin.
Bei der Forderung des Umweltschutzverbandes BUND, statt höherer Deiche mehr Überschwemmungsflächen zu schaffen, sieht Schönbohm in Brandenburg keinen Spielraum. Es gebe am so genannten Bösen Ort an der Elbe in der Prignitz ein Projekt zur Rückverlegung des Deiches. Im übrigen zeige sich gegenwärtig an der Elbe mit einem Blick, welche großen Fluträume jetzt schon bestünden. Ansonsten gehe es meist um Siedlungsgebiete. „Wenn jemand will, dass etwa Mühlberg (Elbe-Elster) aufgegeben werden soll, dann soll er das sagen.“
(mit dpa)
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