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Es sollte Kindern aus finanzschwachen Familien gleiche Bildungschancen bieten - doch in Brandenburg wurde das Bildungspaket des Bundes wenig nachgefragt.

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Bildungspaket des Bundes: Kein Antrag, kein Geld

In Brandenburg wurde nur die Hälfte der Bundesmittel für das Bildungspaket abgerufen. Den Rest soll das Land zurückgeben – aber Rot-Rot weigert sich.

Von Matthias Matern

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Potsdam - Es sollte Kindern und Jugendlichen aus finanzschwachen Familien die Teilnahme an Klassenfahrten ermöglichen oder auch den Monatsbeitrag für den Fußballverein abdecken, doch in vielen Bundesländern hat sich das Bildungs- und Teilhabepaket von Bundesozialministerin Ursula von der Leyen (CDU) als Ladenhüter erwiesen. Recherchen des NDR zufolge wurden im vergangenen Jahr in einigen Ländern nicht mal die Hälfte der Mittel abgerufen. In Berlin waren es sogar nur 37 Prozent, in Sachsen-Anhalt 44 Prozent. Im Land Brandenburg wurden nach Angaben des Landessozialministeriums immerhin rund 14 Millionen Euro der insgesamt vorhandenen knapp 28 Millionen Euro genutzt, also 50 Prozent. Über die Frage, was mit dem nicht genutzten Geld passieren soll, streiten jetzt Bund und Länder. Brandenburg, Sachsen, Thüringen und Sachsen-Anhalt wollen das Geld nicht zurückgeben. Der Bund dagegen pocht auf die Rückzahlungen.

Dass die Angebote so schlecht angenommen werden, liegt aus Sicht des brandenburgischen Sozialministeriums in der grundlegend fehlerhaften Konzeption des Bildungspakets. „Der bürokratische Aufwand ist für die betroffenen Familien und die Behörden abenteuerlich und frisst Zeit und sehr viel Geld“, meint Ministeriumssprecher Florian Engels. Eine rechtliche Grundlage für die Rückforderungen des Bundes sehe er allerdings nicht. Im Sozialgesetzbuch II sei lediglich festgelegt worden, dass nach den ersten zwei Jahren die Summe der bereitzustellenen Mittel an den tatsächlichen Bedarf angepasst werde, erläutert Ministeriumssprecher Florian Engels. Außerdem handele es sich aus verfassungsrechtlichen Gründen auch nicht um Geld, das der Bund den Kommunen direkt für das Bildungspaket zur Verfügung stelle, sondern nur um eine Erhöhung der Bundesbeteiligung an den sogenannten Kosten der Unterkunft, damit die Kommunen die Aufgabe des Bildungspakets überhaupt schultern können. Vorgesehen sei, dass das Geld in die kommunalen Haushalte fließe, aus denen dann die jeweiligen Leistungen wie Zuschüsse zur Schülerbeförderung oder eben zu Klassenfahrten zu bezahlen seien, meint der Ministeriumssprecher. „Nach unserer Auffassung deckt die Summe ohnehin nicht die Ausgaben der Kommunen für Bildung und Teilhabe. Nur weil in einer bestimmten Kommune nicht Anträge über eine bestimmte Summe gestellt worden sind, heißt das doch nicht, dass diese Kommune die Leistungen nicht ebenfalls erbringt“, so Engels. Denn manche Kommunen würden Angebote wie eine kostenlose Schülerbeförderung bereits seit Längerem auf eigene Kosten finanzieren.

Im Bundessozialministerium pocht man dagegen auf die Rückzahlungen. „Das Geld gehört dem Steuerzahler und ist nicht dafür da, für bereits existierende Angebote nachträglich eine Finanzierung zu schaffen“, erklärt Ministeriumssprecher Christian Westhoff. Im Sozialgesetzbuch sei festgeschrieben, dass 2011 als Startjahr für das Bildungs- und Teilhabepaket pauschal finanziert und 2012 als erstes Jahr nachträglich abgerechnet werde. Wo mehr ausgegeben worden sei, als zur Verfügung stand, werde nachbezahlt, wo Geld in den Kommunen nicht abgerufen worden sei, müsse das Geld an den Bund zurückfließen, fordert Westhoff.

Der Städte- und Gemeindebund Brandenburg unterstützt die Position des brandenburgischen Sozialministeriums. „Einen Rückforderungsanspruch sehen wir nicht. Viele Kommunen geben ohnehin für soziale Leistungen mehr aus als sie sich leisten können“, meint Städtebundgeschäftsführer Karl-Ludwig Böttcher.

In den Kommunen selbst gehen die Meinungen auseinander. Während Potsdam-Mittelmark das nicht abgerufene Geld ebenfalls behalten möchte, sieht man in Potsdam offenbar den Bund im Recht. „Die Stadt wird für 2012 rund 800 000 Euro an den Bund zurückgeben, weil das Geld aufgrund der fehlenden Anträge nicht in vollem Umfang ausgegeben worden ist. Diese Mittel können keiner anderen Verwendung zugeführt oder in ein anderes Haushaltsjahr übertragen werden, da im Jahr 2013 eine Revision unter Berücksichtigung der gewährten Leistungen erfolgen wird“, teilt die parteilose Sozialdezernentin Elona Müller-Preinesberger auf Anfrage mit. In Potsdam-Mittelmark wurden der Kreisverwaltung zufolge knapp 716 000 Euro nicht abgerufen. „Zurückgeben wollen wir das Geld erst mal nicht“, sagt Kreissprecherin Andrea Metzler. Matthias Matern

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