Von Alexander Fröhlich: Kein Freund und Helfer
Eine Ausstellung soll die Rolle der Polizei im NS-Staat ausleuchten
Stand:
Oranienburg - Die Polizei war ein wesentlicher Pfeiler des Terrorregimes im Dritten Reich, von der Gestapo bis zum einfachen Wachtmeister. Erstmals wird diese Geschichte nun auf Bundesebene für eine Ausstellung im Deutschen Historischen Museum (DHM) Berlin aufgearbeitet. Die Idee dazu und zu einem eigenen Lehrfach für angehende Polizeischüler kommt aus Oranienburg.
Aus seinem kleinen Büro am Rande des einstigen Konzentrationslagers Sachsenhausen bewegt Detlef Graf von Schwerin die Polizei in ganz Deutschland. „Bis in die 90er Jahre ist das Thema intern nicht angegangen und vertuscht worden“, sagt der frühere Potsdamer Polizeipräsident. Das hat seine Gründe: 500 000 Menschen sind nach derzeitiger Forschungslage von Polizisten des NS-Regimes ermordet worden, Schätzungen gehen vom Doppelten aus. Und das Personal aus dem Dritten Reich ist in der Bundesrepublik zum Teil übernommen worden. Das Vertuschen hat nun ein Ende, für 2011 ist eine Ausstellung im Berliner Pei-Bau geplant und auch der Unterricht für angehende Beamte wird erneuert.
Von Schwerin leitet seit Anfang vergangenen Jahres das Zentrum für Zeitgeschichte an der brandenburgischen Polizei-Fachhochschule in Oranienburg, die 2006 ausgerechnet dort angesiedelt wurde, wo die SS-Wachtruppen für das KZ Sachsenhausen ihre Kasernen hatten. Eine schwere Bürde, mit der für Detlef Graf von Schwerin alles begann.
Anfangs bekamen die Polizeischüler Geschichtsunterricht am Ort des Schreckens. Doch von Schwerin reichte das nicht, als er nach Oranienburg kam.
Inzwischen gibt es ein Pflichtfach „Polizeigeschichte im NS-Staat“ in Oranienburg, von Schwerin hat die Lehrpläne dazu ausgearbeitet. „Das ist praktisch in Deutschland einzigartig“, erzählt er. „In anderen Bundesländern bis auf Niedersachsen ist das nicht existent“, wie eine von ihm gestartete Umfrage ergeben habe.
Lob kommt von Brandenburgs Innenminister Jörg Schönbohm (CDU): „Eine verbindliche Integration des Themas in die Polizeiausbildung wie in Brandenburg ist bundesweit einmalig. Polizeihochschulen anderer Länder haben großes Interesse an dem Konzept.“ So führe etwa Hamburg seit 2007 Seminare in Oranienburg durch.
Um den Druck auch auf die Bundesländer zu erhöhen, hat von Schwerin in Kooperation mit der Deutschen Hochschule der Polizei in Münster als Projektträger die Idee zu einer Ausstellung in Berlin entwickelt – und „weil es das Thema erstmals einer breiten Öffentlichkeit zugänglich macht“, sagt von Schwerin. Schließlich hat Brandenburgs Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) das Projekt im April mit seinen Ressortkollegen aus Bund und Ländern abgesegnet. 1,3 Millionen lassen sie sich die Ausstellung kosten, 950 000 Euro tragen die Länder, 350 000 Euro der Bund. Experten sprechen davon, dass die Schau eine Dimension wie die Wehrmachtsausstellung zu Beginn des Jahrtausends haben werde, doch im Gegensatz dazu komme die Initiative nun aus dem Polizeiapparat selbst.
Den PNN sagte Schönbohm: „Historische Forschungen belegen, dass sowohl die damalige Ordnungs- als auch die Kriminalpolizei Handlanger der Vernichtung waren. Die Rolle der Polizei in der NS-Zeit ist zwar schon im Rahmen von Ausstellungen zur Polizeigeschichte thematisiert worden. Eine eigenständige und umfassende Ausstellung zum Thema existiert bislang aber nicht. Deshalb habe ich in der Innenministerkonferenz die Initiative für ein Ausstellungsprojekt ergriffen.“
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: