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Brandenburg: Kein gemeinsames Dach

Brandenburg und Berlin wollen fusionieren, schaffen es aber nicht zu einer gemeinsamen EU-Vertretung

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Brandenburg und Berlin wollen fusionieren, schaffen es aber nicht zu einer gemeinsamen EU-Vertretung Von Michael Mara Potsdam - Berlin und Brandenburg haben fürs erste die Chance verpasst, künftig in einer gemeinsamen EU-Vertretung in Brüssel die Hauptstadtregion zu präsentieren. Die Schuld daran schieben sich beide Seiten wie schon öfter bei Pannen gegenseitig zu (PNN berichteten gestern). Tatsache ist, dass Berlin ein konkretes Angebot der Brandenburger Landesregierung für eine gemeinsame Landesvertretung in Brüssel im Juni brüsk abgelehnt hat. „Das Signal entspricht nicht dem, was wir wollen und erschwert den für eine Fusion notwendigen Stimmungswandel in Brandenburg“, erklärte der amtierende Ministerpräsident und Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) gestern gegenüber den PNN. Dadurch gehe Glaubwürdigkeit verloren, so DSchönbohm, der Platzeck, der im Urlaub ist, vertritt. Auch Vertreter anderer Parteien äußerten Bedauern über die Haltung Berlins. Hingegen wies der Sprecher des Berliner Senats, Michael Donnermeyer, die Kritik aus Potsdam zurück: „Berlin hat eine reine Sachentscheidung ohne Symbolwert getroffen.“ Er warnte vor falschen Rückschlüssen: „Die Absage ändert nichts am festen Willen Berlins zur Länder-fusion.“ Berlin halte auch die Idee einer gemeinsamen Vertretung in Brüssel für richtig, betonte Donnermeyer. Er kritisierte jedoch, „wie Brandenburg an die Lösung herangegangen ist, nämlich ohne den Partner von Anfang an einzubeziehen“. Ein Vorwurf, den man in Potsdam nicht gelten lässt: Denn die Bemühungen um eine gemeinsame Landesvertretung gingen bis zum Jahr 2003 zurück, heißt es in Regierungskreisen. Schon damals habe man mit Berlin über eine gemeinsame Vertretung in einem Bürogebäude in der Rue Livingstone verhandelt – Berlin habe aus Kostengründen abgelehnt. 2004 habe man dann die Gespräche mit Berlin erneut aufgenommen, „weil wir selbst unter Handlungsdruck gestanden haben“, so das Finanzministerium. Brandenburgs jetzige Vertretung sei zu klein und ungünstig gelegen, während Berlin über ein eigenes Haus verfügt. Im Juni unterbreitete dann Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) persönlich Berlins Regierendem Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) ein Angebot für eine gemeinsame Landesvertretung in dem gleichen Objekt in der Rue Livingstone, aber für Berlin deutlich kostengünstiger als 2003: Danach kauft Brandenburg die Immobilie für 3,5 Millionen Euro, Berlin zahlt für die anteilige Überlassung von 287 Quadratmetern ein einmaliges Nutzungsentgelt von 600 000 Euro. Diese Summe hätte durch den Verkauf der jetzigen Villa bequem von Berlin aufgebracht werden können, betont das Brandenburger Finanzministerium, was auch Berlins Senatssprecher Donnermeyer nicht bestreitet. . Trotzdem schrieb Wowereit Platzeck am 8. Juni zurück, „dass unter Abwägung aller Vor- und Nachteile die von Ihnen ins Auge gefasste Liegenschaft unseren Vorstellungen von einer gemeinsamen neuen Vertretung in Brüssel nicht gerecht wird“. Das Projekt wäre laut Wowereit nur denkbar, „wenn die gemeinsame Suche nach einem Projekt erfolgte, das sowohl den Ansprüchen der Hauptstadtregion als auch dem Leitbild unserer gleichberechtigten Partnerschaft entspräche“. Eine Anspielung offenbar auch darauf, dass Berlin nicht von Anfang an beteiligt war. Potsdam reagierte verschnupft: Keine neue Suchaktion mit Berlin, stattdessen schloss man zum 1. Juli den Vertrag über die Liegenschaft; von der nun ein Drittel an Fremde vermietet werden soll. Jedenfalls bis es zur Länderfusion kommt, denn dann, so glaubt man in Potsdam, kann dann dort die gemeinsame Vertretung residieren. „Ein Rückschlag“, erklärt der parlamentarische Geschäftsführer der brandeburgischen PDS-Landtagsfraktion, Heinz Vietze, „denn man hätte in Brüssel ein deutliches Signal für die gemeinsame Region setzen können.“ Für Vietze ist auffallend, dass es nicht an Bekenntnissen zur Fusion mangelt, „aber man bei einfachen Schritten immer wieder ins Stolpern gerät“. CDU-Fraktionschef Thomas Lunacek warnt sogar: „Der Senat muss aufpassen, dass er nicht in den Verdacht gerät, die Fusion zu torpedieren.“

Michael Mara

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