zum Hauptinhalt

Brandenburg: „Kein Lösungszampano“

20 Jahre Mobile Beratungsteams gegen Rechts

Stand:

Potsdam - Sie haben bereits gegen Rechtsextremismus gekämft, haben erlebt wie Neonazis Asylbewerberheime attackierten, als selbst Brandenburgs früherer Ministerpräsident Manfred Stolpe (SPD) noch dachte, die Neonazis seien nur ein paar „Verrückte, die man isolieren kann“. Am gestrigen Montag begingen die Mobilen Beratungsteams in Potsdam nun ihr 20-jähriges Bestehen. Es ist ein Erfolgsmodell, das inzwischen bundesweit Nachahmer findet.

Das Credo der Beratungsteams, die in in Angermünde, Cottbus, Frankfurt (Oder), Neuruppin, Potsdam und Trebbin stationiert sind, ist denkbar einfach. „Rechtsextremistische Strukturen sind dort stark, wo demokratische Strukturen schwach sind“, wie es der Chef der Beratungsteams, Dirk Wilking, formulierte. Seine Mitarbeiter beraten Kommunalpolitiker, Vereine, Feuerwehren und Verwaltungen. „Wir sind aber kein Lösungszampano, der mit dem Rezeptbuch kommt“, sagte Wilking. „Wir missionieren nicht, wie beraten mit Empathie.“ Und das ist oft schwer genug. Wie einst selbst Manfred Stolpe so wollten auch die Verantwortlichen in den Städten und Gemeinden lange nicht wahrhaben, dass es ein Problem mit Rechtsextremisten gibt. Manfred Richter, vor einigen Jahren noch Bürgermeister in Rheinsberg (Ostprignitz-Ruppin), inzwischen für die SPD im Landtag, sagte, es sei schwierig in einer brandenburgischen Kleinstadt dieses Problem überhaupt anzuerkennen. Dabei helfe das Mobile Beratungsteam. Birgit Wöllert (Linke) sagte: „Sie legen den Finger in die Wunde.“ Die Landtagsabgeordnete ist Stadtverordnete in Spremberg (Spree-Neiße), jener Stadt, wo die Mitte Mai verbotene Neonazi-Gruppierung „Widerstandsbewegung in Südbrandenburg“ mit am stärksten war, wo die Rechtsextremisten Anfang Mai noch die Redaktionsräume der Lausitzer Rundschau attackierten und linke Jugendliche verprügelten. Das Beratungsteam habe das geschafft, was Polizei und Verfassungsschutz nicht vermochten, sagte Wöllert. Nämlich den Stadtverordneten den Ernst der Lage bewusst machen.

Schließlich haben die Beratungsteams auch ihren Anteil daran, dass Brandenburgs Verfassungsschutz bundesweit als Vorbild gilt – eine Behörde, die sich nach außen öffnet und viel Aufklärung betreibt. Und das auch, weil die Beratungsteams „Informationen abgefordert haben“, wie Verfassungsschutzchefin Winfriede Schreiber erklärte.

Zu tun haben die Beratungsteams noch genug. Die Zahl der Rechtsextremisten und rechter Gewalttaten sinkt, die Zahl der militanten Neonazis steigt. Landtagspräsident Gunter Fritsch forderte, die Kommunen sollten Aktionen von Bürgern gegen Rechts noch stärker unterstützen. Das Problem habe sich von den größeren Städten in den ländlichen Raum verschoben. „Hier besteht die Gefahr, dass sich rechtsextremistische Kräfte durch gezielten Zuzug formieren und der Zivilgesellschaft die Mehrheit streitig machen könnten.“ Es gibt Wilking zufolge aber einen Unterschied im Vergleich zu den 90er Jahren: „Rechtsextremismus ist heute kein Mainstream mehr in der Jugendkultur.“ Alexander Fröhlich

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })