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Brandenburg: Kein Rüffel für Sarrazin

Der Missbilligungsantrag der Opposition gegen den Finanzsenator blieb im Parlament erfolglos

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Stand:

Berlin - Ein Missbilligungsantrag gegen Berlins Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD) ist gestern im Parlament gescheitert. Für den Gruppenantrag von 13 Abgeordneten der Opposition stimmten 72 Abgeordnete von CDU, Grünen und FDP. Aber 74 Mitglieder der Regierungsfraktionen lehnten es ab, Sarrazin eine „unzulässige Machtdemonstration“ vorzuwerfen.

Der Vorsitzende des Petitionsausschusses, Ralf Hillenberg (SPD), nahm an der Abstimmung nicht teil, weil er in Moskau ist. Ein weiterer Abgeordneter der Koalition gab seine Stimme nicht ab. Bei der CDU fehlte Peter Schwenkow, er ist gerade auf Kuba. Über den Missbilligungsantrag wurde per „Hammelsprung“ entschieden, weil sich das Parlamentspräsidium bei der einfachen Abstimmung per Handaufheben über das Ergebnis nicht einigen konnte.

Obwohl die Missbilligung misslang, bekam der Finanzsenator sein Fett weg. Der Berliner Datenschutzbeauftragte Alexander Dix erbat das Rederecht und äußerte im Parlament erhebliche Zweifel, dass Sarrazin die Steuerdaten der Abgeordneten Hillenberg, Rainer-Michael Lehmann (FDP) und des Ex-Parlamentariers Ulrich Brinsa (CDU) so umfangreich veröffentlichen musste. „Ich prüfe, ob die Voraussetzungen dafür vorlagen.“ Außerdem hätte Dix erwartet, dass er vor der Offenlegung der Daten vom Senator um eine Stellungnahme gebeten wird. „Das Vertrauen in die Finanzverwaltung kann nicht nur durch unwahre Tatsachenbehauptungen, sondern auch dadurch erschüttert werden, dass datenschutzrechtliche Vorgaben unzureichend beachtet werden.“

Die Opposition applaudierte begeistert und der CDU-Fraktionschef Friedbert Pflüger sagte, hier gehe es um das Selbstverständnis des Parlaments und um eine Grundfrage der Demokratie. Auch der Grünen-Fraktionschef Volker Ratzmann meinte, dass der Finanzsenator zu weit gegangen sei. Sein Kollege von der FDP, Martin Lindner, drückte sich weniger vornehm aus. Sarrazin habe gehandelt wie ein Boxer, der nach einem Tiefschlag des Gegners „zuerst den Ringrichter umhaut und dann den Gegner mit der Maschinenpistole niederschießt“.

Andererseits gab Pflüger zu, dass die Vorwürfe von Hillenberg, Lehmann und Brinsa, sie seien wegen ihrer Arbeit im Petitionsausschuss von der Finanzbehörde schikaniert worden, überzogen waren und „vielleicht widerlegt sind“. Aber das sei angesichts der Lüftung des Steuergeheimnisses durch Sarrazin „nicht mehr entscheidend und relevant“. Das sah der Finanzsenator anders. Die Veröffentlichung von „Eckdaten“ aus den Steuerakten der drei Politiker und eines beteiligten Rechtsanwalts seien „der einzige juristisch legitimierte Weg“ gewesen, gegen die unwahren Behauptungen vorzugehen, die Finanzämter hätten Abgeordnete mit Sonderprüfungen drangsaliert.

Der Ältestenrat des Abgeordnetenhauses hätte nach Meinung Sarrazins die falschen Behauptungen nicht aus der Welt schaffen können. Erstens habe das Gremium kein Untersuchungsmandat. Seine Beschlüsse seien nur eingeschränkt bindend und nicht öffentlich. Und zweitens könne der Ältestenrat nur Einfluss auf die beiden Abgeordnete nehmen. Nicht aber auf Brinsa und den Anwalt. Zudem habe der Ältestenrat, so Sarrazin, „mit mir nichts vereinbart“. Am Ende übten aber auch die eigenen Leute sanfte Kritik. Der SPD-Fraktionsgeschäftsführer Christian Gaebler sprach von einem „ernsten Vorgang“. Sein Amtskollege von der Linksfraktion, Uwe Doering, bedauerte, dass der Senator „nicht angemessen reagiert hat“. Ulrich Zawatka-Gerlach

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