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Akteure in der Dienstwagenaffäre: Brandenburgs Innenminister Schröter und Ministerpräsident Woidke.

© dpa

Exklusiv: Dienstwagenaffäre in Brandenburg: Keine Ermittlungen gegen Woidkes Ex-Büroleiter

Brandenburgs Innenminister Karl-Heinz Schröter gab sich in der Dienstwagenaffäre um den Ex-Büroleiter von Ministerpräsident Dietmar Woidke als Aufklärer. Viel übrig blieb nicht, es gibt keine Ermittlungen. Auffällig ist dabei das Verhalten der Staatsanwaltschaft.

Stand:

Potsdam - In der Dienstwagenaffäre um den früheren Büroleiter von Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) nimmt die Staatsanwaltschaft Potsdam nach PNN-Informationen kein offizielles Ermittlungsverfahren auf. Carsten P. war vorgeworfen worden, seinen Dienstwagen als stellvertretender Landesbrandmeister privat genutzt und die Fahrtenbücher nicht korrekt geführt haben. Nach ungewöhnlich langer, sich über Monate hinziehender Prüfung des Falls, sieht die Behörde keinen Anfangsverdacht auf Betrug oder Urkundenfälschung. Nach PNN-Informationen konnte die Staatsanwaltschaft anhand der vom Innenministerium überreichten Akten keinen Hinweis auf eine unrechtmäßige Privatnutzung des Dienstwagens durch den Vize-Landesbrandmeister und keine Unregelmäßigkeiten in den Fahrtenbüchern feststellen.

Verfahrenseinstellung bereits im Dezember - Ministerium konnte sich offiziellen Termin aussuchen

Allerdings gibt es neue Verwicklungen in dem Fall. Denn nach PNN-Informationen hat die Staatsanwaltschaft die schriftliche Verfügung, dass kein Verfahren gegen P. eröffnet wird, bereits im Dezember fertig gestellt. Doch das Innenministerium ist auf offiziellem Weg nicht darüber informiert worden – es wusste dennoch Bescheid. Denn die Staatsanwaltschaft fragte bei dem von Innenminister Karl-Heinz Schröter (SPD) geführten Ressort nach, wann das offizielle Schreiben denn auf den Postweg geschickt werden solle. Das Innenministerium konnte sich aussuchen, wann die Entscheidung zur Verfahrenseinstellung offiziell mitgeteilt wird. Auf Nachfragen hatte die Behörde über Wochen und Monate eine Entscheidung, ob ein Ermittlungsverfahren eröffnet wird, mehrfach verschoben.

Schröter hatte den Fall im Mai 2016 an die Staatsanwaltschaft abgegeben. Mit dem Blaulicht-Wagen war Carsten P. als ehrenamtlicher Vize-Landesbranddirektor auch zum Dienst in die Staatskanzlei gefahren, bis Schröter das Fahrzeug im April, als P. noch Büroleiter Woidkes war, auf dem Hof der Staatskanzlei beschlagnahmen ließ – auf dem Höhepunkt der Dienstwagenaffäre von Ex-Justizminister Helmuth Markov (Linke). Nach Auffassung des Innenministeriums lagen "nach dem letzten Überprüfungsergebnis Anhaltspunkte für eine nicht sachgerechte Nutzung der Dienstkraftfahrzeuge vor“.

Innenministerium: Wagen nur dienstlich, nicht privat nutzen

Das zuständige Referat für Brandschutz im Innenministerium hatte schon seit 2014 – vor der Landtagswahl – Hinweise auf möglicherweise strafrechtlich relevante Verstöße bei der Nutzung des Dienstwagens durch P., wie Schröter im Sommer 2016 im Landtag einräumte.  Demnach hatte das Ministerium P., dem Landesbrandmeister und dem zweiten Vize mehrfach in Schreiben darauf hingewiesen, dass sie die Wagen nur dienstlich, und keineswegs privat nutzen durften.

Allerdings schritt Schröter dann erst zwei Jahre später ein. Der Innenminister sprach danach von Anhaltspunkten „für eine nicht sachgerechte Nutzung der Dienstkraftfahrzeuge“ sowie „für ein möglicherweise auch strafrechtlich relevantes Fehlverhalten“. Ein Disziplinarverfahren wurde eingeleitet. Finanz- und Innenressort stellten aber auch fest, dass zwischen der Dienstkraftfahrzeugrichtlinie für den Landesdienst und der 2011 erlassenen Dienstanweisung für die Landesbrandmeister eine Regelungslücke besteht – und dieser Zustand über Jahre akzeptiert wurde. Es war nicht einmal geregelt, ob und wie für die nach Ansicht der Staatsanwaltschaft offenbar doch rechtmäßigen Privatfahrten von der Wohnung zum Dienstort, wenn es danach einen Feuerwehrtermin gab, Nutzungsentgelte und Steuern abgerechnet werden mussten.

Sollte Rückkehr des Woidke-Vertrauter ins Schröter-Ministerium verhindert werden?

P. war im April 2011 von Woidke, damals Innenminister, zum Stellvertretenden Landesbranddirektor ernannt worden, es ist ein sogenanntes Amt als Ehrenbeamter. Wenige Monate später, im August 2011, war P. und dem zweiten Landesfeuerwehr-Vize per Erlass des Innenministeriums ein Dienstwagen zur Verfügung gestellt worden, zunächst ein Mercedes-Benz E-Klasse, Baujahr 1991, ab Anfang 2015 – erst war P. Büroleiter im Sozialministerium, wurde 2012 Referatsleiter für Brand- und Katastrophenschutz im Innenministerium und im November 2013 Woidkes Büroleiter – ein roter Feuerwehr-Audi Q5, Baujahr 2011, samt Blaulicht und Landeswappen.

Nach Schröters Einschreiten in der Dienstwagenaffäre im Frühjahre 2016 versetzte Woidke P. zunächst ins Innenministeriums und von dort an die Fachhochschule der Polizei in Oranienburg (Oberhavel). Mit der mindestens seit Dezember verschleppten Bekanntgabe, dass die Staatsanwaltschaft gegen P. kein Ermittlungsverfahren eröffnet, wurde ihm auch eine Rückkehr ins Ministerium erschwert. Der Referatsleiterposten für die Feuerwehren ist nicht besetzt. Die Bewerbungsfrist endete am 2. Januar. Einerseits heißt es aus Regierungskreisen, P. sei für diesen Job verbrannt, andererseits aber auch, Schröter wolle keine „Woidke- Leute“ in seinem Haus. 

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