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Brandenburg: Kinderheime: Kommission prüft Vorwürfe Ministerium bitte Jugendliche um Hinweise

Potsdam - Wegen der Misshandlungsvorwürfe gegen den privaten Kinder- und Jugendheimbetreiber Haasenburg GmbH richtetdas brandenburgische Bildungsministerium jetzt eine Untersuchungskommission ein. Diese soll den Umgang mit den Kindern und Jugendlichen, bei denen gerichtlich eine geschlossene Unterbringung zugelassen wurde, in den drei Einrichtungen des Trägers in Brandenburg prüfen.

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Potsdam - Wegen der Misshandlungsvorwürfe gegen den privaten Kinder- und Jugendheimbetreiber Haasenburg GmbH richtetdas brandenburgische Bildungsministerium jetzt eine Untersuchungskommission ein. Diese soll den Umgang mit den Kindern und Jugendlichen, bei denen gerichtlich eine geschlossene Unterbringung zugelassen wurde, in den drei Einrichtungen des Trägers in Brandenburg prüfen. Parallel sollen Gespräche mit den örtlichen Jugendämtern geführt werden, die die geschlossene Unterbringung vor Gericht erwirkt und die Jugendlichen in die Haasenburg-Heime eingewiesen haben. Zudem soll das Unternehmen zu den Vorwürfen äußern. Das Ministerium will auch die Situation in den Heimen direkt prüfen. Diese befinden sich in Unterspreewald, Jessern (beides Dahme-Spreewald) und Müncheberg (Märkisch-Oderland). „Wir nehmen das alles sehr ernst“, sagte Ministeriumssprecher Stephan Breiding.

Wie berichtet sollen laut einem Beitrag der taz Heimbewohner systematisch drangsaliert, unverhältnismäßig hart und körperlich bestraft worden sein. Dazu gehörten dem Bericht zufolge umstrittene Praktiken wie Hände, Füße und Kopf zu fixieren, teilweise über Stunden. Dabei sollen Kinder sogar Knochenbrüche erlitten haben. Viele der Jugendlichen sollen außerdem starke Psychopharmaka verabreicht bekommen haben.

Bereits 2010 habe das Ministerium die Fixierbetten, an denen die Heimbewohner über Stunden festgezurrt worden sein sollen, verboten, sagte Breiding. „Für das Landesjugendamt war hier die Grenze überschritten.“ Auch Einheitskleidung und Holzschuhe, also Clogs, seien untersagt worden. Zudem hatte die taz berichtet, dass bei Neuankömmlingen in der Einrichtung „totale Unterordnung“ und Entzug jeglicher Privatsphäre durchgesetzt werde. Ministeriumssprecher Breiding stellte nun klar: „Wir akzeptieren keine Pädagogik, die auf das Brechen der Persönlichkeit von Jugendlichen ausgelegt ist.“

Zu den Vorwürfe liegen den Behörden aber keine Informationen oder Anzeigen von Betroffenen, sondern nur Medienberichte vor. „Um die Vorwürfe zu prüfen, brauchen wir Hinweise von den Jugendlichen“, sagte Breiding. Auf Wunsch werden die Informationen vertraulich behandelt und anonymisiert.

Die Heime der Haasenburg GmbH standen in den vergangenen Jahren mehrfach in der Kritik – wegen fragwürdiger Erziehungsmethoden, fehlender Qualifizierung von Mitarbeitern und schweren Fehlentscheidungen bei gewalttätigen Jugendlichen. 14 der 16 Bundesländer schicken ihre Jugendliche in die Heime, mit denen andere Stellen nicht mehr fertig werden. Kritiker sprechen von einer Abschiebepraxis. Viele stammen aus zerrütteten Verhältnissen, erlebten Alkohol, Arbeitslosigkeit, Gewalt, sexuellen Missbrauch und Scheidung in den Familien. Die Haasenburg bietet in Brandenburg 114 Plätze an, 56 davon mit freiheitsentziehenden Maßnahmen für Kinder, die massiv selbst- oder fremdgefährdendes Verhalten zeigen. Nötig ist ein richterlicher Beschluss. Hamburg schickt mit 14 die meisten Kinder in die geschlossene Abteilung, aus Brandenburg sind es 12. Das Unternehmen erwirtschaftet damit horrende Gewinne. Sie selbst weist alle Vorwürfe, die nun untersucht werden zurück. Alexander Fröhlich

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