Brandenburg: Kleiner Vorgeschmack auf den Lärm
Um 5.35 Uhr startete am Samstag der erste Flieger von der BER-Südbahn – eine Übergangslösung
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Schönefeld - Nur fünf Minuten Schonfrist für die Anwohner gab es am Samstag beim Premierenstart von der neuen Südbahn am Großflughafen Schönefeld. Um 5.35 Uhr hob ein Airbus A320 von Condor mit dem Ziel Palma de Mallorca ab – hinein in den von der aufgehenden Sonne in Rot getauchten Himmel. Erlaubt ist ein Start von 5.30 Uhr an. Damit ist zumindest ein Teil des künftigen BER in Betrieb. Aber nur vorübergehend – bis die Nordbahn des alten Schönefelder Flughafens saniert ist. Sie ist während der Arbeiten bis zum 24. Oktober außer Betrieb.
Die Probe für den künftigen BER-Verkehr war aus Flughafensicht erfolgreich. Zu den vor allem von Easyjet befürchteten Verspätungen sei es nicht gekommen, sagte Flughafensprecher Ralf Kunkel. Easyjet will – wie andere Billigfluggesellschaften – nur rund eine halbe Stunde zwischen dem Landen und Starten einer Maschine verstreichen lassen. Die Zeit jetzt ist knapp, weil sich der Rollweg vom alten Terminal zur neuen Südbahn erheblich verlängert. Rund sechs Kilometer fahren die Flugzeuge jetzt am Boden, ehe sie ihre Startposition erreichen.
Da der Wind aus Westen wehte, wie an den meisten Tagen im Jahr, starteten die Flugzeuge am Premierentag gen Westen und landeten aus dem Osten kommend. Anwohner bekamen so einen Vorgeschmack auf den künftigen BER-Verkehr. So weit südlich starteten und landeten die Maschinen noch nie.
Die heutige Nordbahn war ursprünglich die Südpiste des alten Flughafens Schönefeld. Ihr früheres nördliches Pendant musste 2007 aufgeben werden, als die Autobahn A 113 gebaut wurde, die die alte Nordbahn kreuzt. Seither gibt es in Schönefeld nur noch eine Start- und Landebahn. Allerdings war die neue Südbahn bereits während der Luftfahrtausstellung Ila genutzt worden. Weil diese Bahn für den BER gebaut wurde, gelten dort jetzt auch die – strengeren – BER-Nachtflugregelungen mit einem Flugverbot zwischen 0 Uhr und 5 Uhr. Zugelassen sind in der Kernzeit nur Flüge in Notfällen sowie für die Post und die Regierung. Jeweils eine halbe Stunde vor und nach der Flugverbotszeit sind zudem keine planmäßigen Flüge erlaubt. Ausnahmen gibt es nur bei Maschinen, die zu spät oder zu früh kommen. Außerdem sind sogenannte Bereitstellungs- und Überführungsflüge als Leerflüge zugelassen.
Nach dem alten Flugplan, der weiter auf der Internet-Seite der Flughafengesellschaft veröffentlicht war, hätte die Condor–Maschine bereits um 5.15 Uhr abgehoben. Auf der Nordbahn war dies möglich, weil für sie – noch – ein 24-Stunden-Betrieb gilt. Doch die Piloten mussten bis 5.30 Uhr auf die Freigabe warten und stiegen dann fünf Minuten später mit der Maschine auf.
Die erste Landung legte laut Flughafengesellschaft um 5.55 Uhr eine Boeing 737 von Pegasus Airlines aus Istanbul hin, die über Erkner geflogen war. Um 5.57 Uhr hob dann wieder eine Condor ab mit dem Ziel Antalya. Danach lief alles weiter wie am Schnürchen. Insgesamt starteten und landeten am Samstag 130 Maschinen – weit weniger als später einmal beim BER. Am Sonntag waren es nach Angaben eines Sprechers sogar etwas mehr als Samstag.
Ursprünglich war geplant, die Nordbahn unter laufendem BER-Betrieb zu sanieren. Die Flughafengesellschaft hatte die Arbeiten dann aber vorgezogen. Um zu vermeiden, dass Tegel, wie vorgeschrieben, spätestens ein halbes Jahr nach der Inbetriebnahme der in Schönefeld auf 3600 Meter verlängerten Nordbahn und der neuen Südbahn mit einer Länge von mindestens 4000 Meter geschlossen werden muss, nutzt die Flughafengesellschaft jetzt die Südbahn nur auf einer Länge von 3,6 Kilometern. Damit ist die Bahn noch nicht komplett in Betrieb, und Tegel lässt sich weiter nutzen – mindestens bis ins zweite Halbjahr 2017.
Obwohl der Verkehr in Tegel zunimmt, ist dort kein weiterer Schallschutz für Anwohner geplant. Mit Transavia (nach Rotterdam), Adria Airways (nach Ljubljana), Jetairfly (nach Antwerpen) und Azal Azerbaijan Airlines (nach Baku) sind zuletzt vier Gesellschaften neu nach Tegel gekommen. Aber auch in Schönefeld ist das Schallschutzprogramm noch nicht abgeschlossen. Von 4500 Anträgen waren Ende März gut 3700 bearbeitet. Die Aufträge zum Einbau von Schutzfenstern und von Lüftern müssen die Betroffenen selbst veranlassen. Klaus Kurpjuweit
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