Brandenburg: Knapp vier Jahre Haft für Zossener Neonazi
Daniel T. scheitert mit Berufung vor Landgericht. An seiner Einstellung hat sich nichts geändert
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Potsdam/Zossen - Jetzt ist das Urteil rechtskräftig: Der Rechtsextremist Daniel T., 26, muss nach dem Brandanschlag auf das Haus der Demokratie in Zossen für drei Jahre und acht Monate in Haft. Am Montag zog er vor dem Landgericht Potsdam während der Verhandlung seine Berufung gegen ein Urteil des Amtsgerichts Zossen vom November 2011 zurück. Grund waren die klaren Worte des Richters: „Angesichts der Vielzahl der Vergehen kann ich Ihnen keine Hoffnung machen“. Damit ist das Urteil aus erster Instanz rechtskräftig.
Daniel T. hatte nach Ansicht der Richter in Zossen Jugendliche dazu angestiftet, das von der Bürgerinitiative „Zossen zeigt Gesicht“ aufgebaute Haus der Demokratie im Januar 2010 anzuzünden. Zudem hatte T. eine Holocaust-Gedenkfeier mit Zwischenrufen wie „Lüge, Lügner“ gestört und Stolpersteine mit Hakenkreuzen beschmiert. Zudem schrieb er Morddrohungen auf Fassaden. Das Urteil des Amtsgerichts in Zossen lautet deshalb auf Anstiftung zur Brandstiftung, Volksverhetzung, Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen, Bedrohung und Sachbeschädigung. Zugleich war Daniel T. Kopf der im April 2011 von Brandenburgs Innenminister Dietmar Woidke (SPD) verbotenen Kameradschaft „Freie Kräfte Teltow-Fläming“. Die galt als eine der gewaltbereitesten Neonazi-Kameradschaften Brandenburgs.
Mit seiner Berufung wollte der 26-Jährige eine mildere Strafe erreichen. Sein Mandant habe sich aus dem Milieu zurückgezogen und sei dort auch nicht mehr aktiv gewesen, sagte Pflichtverteidiger Matthias Schöneburg. Daniel T. ist arbeitslos, leistet aber freiwillige Arbeitsstunden für gemeinnützige Zwecke ab, um diverse Geldstrafen aus anderen Urteil abzuarbeiten. Es geht um mehrere Tausend Euro.
Rechtsextremist ist Daniel T. aber weiterhin. Er sei nicht mehr politisch aktiv. Aber: „Meine Einstellung hat sich nicht geändert“, sagte er vor der Berufungskammer des Landgerichts. „Aber man kann nicht mit unrechten Mitteln, mit Straftaten einen neuen Staat aufbauen, der auf Recht und Ordnung basiert.“ Schon nach dem Prozess in erster Instanz hatte T. aus seinen politischen Ansichten keinen Hehl gemacht. In seinem Schlusswort hatte er erklärt, „überzeugter Nationalsozialist“ zu sein. Dann veröffentlichte er im Internet nach Jahren des „Kampfes für ein besseres Deutschland“ sein „persönliches Manifest für die nationale Bewegung“. Derzeit ist Daniel T. noch auf freiem Fuß. Nun wird er eine Ladung zum Haftantritt erhalten.
Jörg Wanke, Sprecher der Initiative „Zossen zeigt Gesicht“, zeigte sich am Montag nach Abschluss des Verfahrens erleichtert. „Für uns ist es wichtig, dass die juristische Aufarbeitung zu Ende ist, die viel zu lange gedauert hat“, sagte er. „Ein milderes Urteil wäre für uns ein Schlag ins Gesicht gewesen.“ Ein neues Haus der Demokratie gibt es in Zossen bislang aber nicht. Das Gebäude war bei dem Feuer völlig zerstört worden. Betroffen davon waren auch eine Ausstellung zum jüdischen Leben in dem Haus sowie Exponate für eine Ausstellung über Flüchtlinge. Bis heute sucht die Bürgerinitiative „Zossen zeigt Gesicht“ nach einem Ersatz und kämpft gegen erheblichen Widerstand in der Stadtverwaltung. Gleich nach dem ersten Urteil gegen T. im November 2011 hatte Bürgermeisterin Michaela Schreiber (Plan B) mit Aussagen Empörung ausgelöst, die Bürgerinitiative habe „die Situation erst aufgeheizt“ und ein „übersichtliches Problem“ unnötig aufgebauscht. Zossen sei keine Hochburg von Rechtsextremisten.
Seit dem Verbot der „Freien Kräfte Teltow-Fläming“ hatte sich die Lage in Zossen entspannt. Doch offenbar formiert sich die Neonazi-Szene in der Gegend neu. Erst kürzlich ist Christoph S., die Nummer zwei hinter Daniel T. bei den „Freien Kräften“, vorzeitig wieder auf freien Fuß gesetzt worden. Im Frühjahr war er wegen mehrerer Delikte verurteilt worden, darunter auch für rechtsextremistische Straftaten. Jetzt ermittelt der Staatsschutz erneut gegen ihn. Ein Fernsehteam drehte Mitte August in Zossen, Anlass war eine Studie der Amadeu-Antonio-Stiftung, wonach Behörden systematisch rechtsextreme Gewalt im Alltag relativieren. Die Journalisten beschmipfte Christoph S. als „Judenpresse“. Zudem war Ende Juli das Mahnmal für die Opfer des Faschismus im Stadtpark mit Hakenkreuz-Schmierereien geschändet worden. Alexander Fröhlich
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