
© Langrock/Greenpeace
Greenpeace-Gutachten: Kohlepläne verstoßen gegen EU-Recht
Brandenburg verstößt mit seinen Plänen für neue Braunkohletagebaue offenbar gegen geltendes EU-Recht und riskiert Vertragsverletzungsverfahren aus Brüssel.
Stand:
Potsdam - Zu diesem Ergebnis kommt ein Gutachten im Auftrag der Umweltorganisation Greenpeace, das bereits in der vergangenen Woche der Gemeinsamen Landesplanungs-Abteilung Berlin-Brandenburg bei der Anhörung zum Tagebau Welzow-Süd II übergeben wurde.
Dem Gutachten zufolge ist der Braunkohleplan für Welzow-Süd II rechtswidrig, weil der Energiekonzern Vattenfall und die Landesbehörden europäisches Wasserrecht missachten. Dabei geht es um die Folgen des Bergbaus für die Flüsse wie Spree und Elster und für das Grundwasser, das für den Tagebau großflächig abgesenkt werden muss. Schon jetzt ist die Belastung durch Eisen und Sulfat in der Lausitz hoch, die Spree in der Lausitz ist rötlich-braun gefärbt. Experten selbst im Umweltministerium schätzen, dass die Belastungen in den kommenden Jahren weiter zunehmen werden. „Nach der europäischen Wasserrahmenrichtlinie und dem Wasserhaushaltsgesetz des Bundes gilt ein Verschlechterungsverbot“, sagt die Gutachterin, Silke Ruth Laskowski. Die Professorin für Öffentliches Recht und Umweltrechtlerin an der Universität Kassel wirft der Landesplanungsbehörde vor, getrickst zu haben, um dieses Verbot zu umgehen. „Selbst bei einem schlechten Zustand eines Gewässers darf dieser nicht noch schlechter werden, mindestens der Status quo muss gehalten werden.“
Brandenburg, aber auch Sachsen, machen für sich Ausnahmeregelungen geltend. Beide Länder gehören neben acht weiteren Bundesländern der Flussgebietseinheit (FGG) Elbe an, die als Verwaltungsorganisation für die Umsetzung des EU-Wasserrechts in den zehn Elbeanrainer-Länder zuständig ist. Dort ist bereits im Jahr 2009 eigens ein Papier erarbeitet worden, das auf 44 Seiten das Abweichen von den Schutzvorgaben aus Brüssel rechtfertigt und eine Versauerung des Grundwassers für zulässig erklärt.
Auch das Landesumweltamt in Brandenburg, das traditionell die Kohlepläne der Landesregierung kritisch sieht, lässt Ausnahmen zu. In einem Papier vom Mai 2010 heißt es, ohne neue Tagebaue werde das Grundwasserdefizit in der Lausitz erst in 80 bis 100 Jahren ausgeglichen sein. Belastet sein werde das Grundwasser aber bis zu 200 Jahre auch in bislang nicht betroffenen Gebieten. Deshalb seien die Umweltziele der EU bis zum Jahr 2028 nicht erreichbar. Es bestehe deutschlandweit Einigkeit, dass dafür Ausnahmen gelten sollen. Vattenfall will ab 2027 den Tagebau Welzow-Süd erweitern und dort lagernde 200 Millionen Tonnen Braunkohle in Strom umwandeln.
Für Umweltrechtlicherin Laskowski sind die Ausnahmen rechtswidrig. „Die Behörden haben nicht den schlechten Zustand, sondern den erwartbaren schlechteren Zustand zur Grundlage für ihre Entscheidung genommen“, sagt sie. „Das ist grotesk.“ Es habe keine rechtlich belastbare Prüfung gegeben, die Vorgaben der EU seien missachtet worden. „Das Verschlechterungsverbot gilt absolut.“
Für Greenpeace ist die Sache klar, die Pläne der rot-roten Landesregierung unter Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) auch für andere neue Tagebaue müssen scheitern. „Der Braunkohleplan für Welzow-Süd II muss sofort zu den Akten gelegt werden“, sagt Greenpeace-Energieexperte Gerald Neubauer. „Platzeck nimmt hin, dass der geplante Tagebau das Trinkwasser der Berliner und vieler Brandenburger verdreckt. Er riskiert mit seinen Tagebauplänen eine juristische Bauchlandung.“ Alexander Fröhlich
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: