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Sondierungsgespräche: Kommt in Brandenburg Kenia oder Rot-Rot-Grün?

Regierungschef Dietmar Woidke (SPD) hat erstmals mit CDU, Linken und Grünen sondiert. Vor den Journalisten machte er das Pokerface - und einige Andeutungen.

Potsdam - Die Einladungen für den „Kleinen Parteitag“ sind raus, nur noch sechs Tage. Brandenburgs Sozialdemokraten wollen am kommenden Dienstag über die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen für eine neue Regierung entscheiden. Das sagte SPD-Ministerpräsident Dietmar Woidke am Mittwoch in Potsdam am Rande der Sondierungen. Die SPD hatte diesmal alle potenziellen Juniorpartner ins Potsdamer Arkona-Hotel geladen, der Reihe nach, erst CDU, dann Linke und zum Abschluss die Grünen. Erstmals leitete Woidke die Sondierungen selbst, der sich letzte Woche nach dem Tod seines Vaters von Vize-Parteichefin Katrin Lange hatte vertreten lassen. Wohin schlägt das Pendel aus?

Es waren drei Pokerface-Auftritte des Regierungschefs, als der jeweils mit dem Spitzenverhandler der anderen Seite vor die Medien trat. Woidke ließ offen, ob es auf ein Kenia-Bündnis mit CDU und Grünen hinausläuft, das mit sechs Stimmen eine stabile Mehrheit im Landtag hätte. Oder auf ein rot-rot-grünes Bündnis mit einer Stimme Vorsprung. Seit der Landtagswahl hatte Woidke allerdings stets betont, dass Brandenburg „eine stabile Regierung“ brauche, was als Präferenz für Kenia interpretiert werden kann. Falls es denn zu schmieden ist.

SPD und CDU sehen "große Übereinstimmungen"

Ginge es allein nach SPD und CDU stünde Kenia nichts im Wege. Das war die Quasi-Botschaft von Woidke und CDU-Chef Michael Stübgen, nach der zweieinhalbstündigen Runde. „Es gibt einige Themen, wo wir noch Klärungsbedarf haben. Aber im Großen und Ganzen gibt es große Übereinstimmungen“, sagte Woidke. „Nacharbeiten“ müsse man in der Innenpolitik und im Kommunalen. Er lobte, dass die einstimmige Wahl des Abgeordneten Jan Redmann zum CDU-Fraktionschef „ein wichtiges Signal der Stabilität“ sei. Stübgen betonte, dass es zwischen SPD und Union keine unüberbrückbaren Gegensätze gäbe. Es gebe „kein Thema“, wo eine Einigung unmöglich sei. Und die Grünen, mit denen die Union am Vorabend separat sondiert hatte? Da gebe es „noch sehr viel Redebedarf“, sagte Stübgen. Aber eine Erfahrung aus anderen Kenia-Konstellationen sei: „Wenn man will, kann man sich einigen.“ 

Zweiter Akt, nächster Auftritt Woidkes, diesmal mit Linke-Parteichefin Anja Maier, nach zwei Stunden: „Die Personen, die am Tisch saßen, haben ein großes Grundvertrauen zueinander“, erklärte Woidke, der an zehn gemeinsame Regierungsjahre erinnerte. Auf die Abwahl der rot-roten Koalition bei der Landtagswahl ging er nicht ein, sagte stattdessen: „Wir sind uns in großen Teilen einig. Im Koalitionsvertrag müssten die Dinge weiter vertieft werden.“ Als Beispiel nannte er die Wohnungsnot, sprach von der Idee „eine Landeswohnungsbaugesellschaft aufzulegen.“ Maier bestätigte, „wir haben in großen Teilen Einigkeit.“ Gilt das auch für die Innen- und Flüchtlingspolitik, wo SPD und Linke schon oft über Kreuz lagen? „Auch darüber haben wir sehr intensiv diskutiert“, antwortete Woidke. „Es gibt für uns rote Linien. Es gibt auch für die Linke rote Linien.“

Vor allem von den Grünen hängt es ab

Schon vorher war klar, dass es vor allem von den Grünen abhängen wird, ob es Rot-rot–grün oder Kenia geben wird, das von großen Teilen der Grünen-Basis eher abgelehnt wird. Und auch, dass die Skepsis bei den Grünen gegenüber der CDU nach dem Rücktritt des bisherigen Vorsitzenden Ingo Senftleben größer geworden ist, die Sorge, von zwei konservativen Parteien untergebuttert zu werden.

Fast vier Stunden sondierten SPD und Grüne, fast doppelt so lange wie geplant, und es ging offenbar ans Eingemachte. „Es waren sehr gute Gespräche. Die lange Dauer des Gespräches hat eine positive Bedeutung, keine negative“, erklärte Woidke zwar danach, was Grünen-Verhandlungsführerin Ursula Nonnemacher bestätigte. Es sei über Klimaschutz“ gesprochen worden, Agrarpolitik“, Innere Sicherheit. In allen Feldern, die Nonnemacher nannte, sind SPD und Grüne besonders weit entfernt, sind den Grünen zudem die Linken näher als die CDU. Und Nonnemacher bekräftigte die Energiepolitik als rote Linie der Grünen, dass es keine neuen Tagebaue geben darf, „konkret Welzow Süd, Teilfeld 2“. 

Aber auch da ließ sich Woidke öffentlich nicht aus der Deckung locken:  Er sehe den weiteren Gesprächen „mit großer Gelassenheit“ entgegen. Am heutigen Donnerstag können alle schon einmal für künftige Kabinettssitzungen trainieren. Es wird zu dritt sondiert, erstmals. Am Vormittag sitzen SPD, CDU und Grüne gemeinsam am Tisch, am Nachmittag dann SPD, Grüne und Linke.

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