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Im Wettbewerb. Das rund 1000 Einwohner zählende Oderbruch-Dorf Neutrebbin misst sich mit den aktivsten Dörfern Europas. Blick auf ein Denkmal der Gefallenen des Ersten Weltkrieges.

© Patrick Pleul/dpa

Brandenburg: Konkurrenz zum Balaton

Neutrebbin im Oderbruch misst sich mit dem Kanton Bern, der Region Salzburg oder dem Ort Tihany am Balaton – im Europäischen Dorferneuerungswettbewerb

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Neutrebbin - Leuchtend gelbe Rapsfelder reichen bis in den Ort, Fachwerkäuser sind ein Markenzeichen – das Dorf Neutrebbin (Märkisch-Oderland) will mit seinen Reizen europaweit auf sich aufmerksam machen. Die rund 1000 Einwohner zählende Kommune beteiligt sich als einzige Vertreterin aus Brandenburg am Europäischen Dorferneuerungswettbewerb 2014, dessen Motto lautet „besser.leben“.

Der Wettbewerb sucht aktive Gemeinden. „Es geht darum, dass in den Dörfern bilanziert wird, wo sie stehen, was sich bewährt hat und wie es weitergehen kann“, erläutert Theres Friewald-Hofbauer, Geschäftsführerin des Vereins Europäische Arge Landentwicklung und Dorferneuerung mit Sitz in St. Pölten (Österreich) der Nachrichtenagentur dpa. Es beteiligen sich 29 Dörfer aus 12 Ländern; etwa ein Drittel kommt aus Deutschland.

Neutrebbins Geschichte beginnt Mitte des 18. Jahrhunderts. Da siedelten Familien unter anderem aus Österreich, der Schweiz, Polen und Süddeutschland im trockengelegten Oderbruch. „Neutrebbin hat die Europäische Union schon vor Jahrhunderten vorweggenommen“, unterstreicht der zuständige Amtsdirektor Karsten Birkholz. Es sei eines der ältesten Kolonistendörfer in der Region.

Zusammen mit den anderen Ortsteilen Altbarnim und Kleinbarnim, Alttrebbin und Wuschewier bildet es die Gemeinde Neutrebbin, die insgesamt rund 1500 Einwohner zählt. Touristen können dort unter anderem Schul- und Bethäuser besichtigen. „Es gibt sogar ein kleines Schifffahrtsmuseum, weitab vom Meer und liebevoll gepflegt“, wirbt Birkholz.

Eine Biogasanlage versorgt alle öffentlichen Gebäude, darunter zwei Schulen und eine Kita, wie der ehrenamtliche Bürgermeister des Dorfes Neutrebbin berichtet. Im Dorf gebe es mehr als 70 Handwerksbetriebe und zunehmend kehrten junge Leute zurück. „Das ist das Erfreuliche.“ Sorgen bereite dagegen den Bewohnern die Kopfsteinpflaster-Straße. So sei es an Häusern zu Rissen gekommen. Viele wollten deshalb inzwischen einen Asphaltbelag.

Ein Problem sind den Schilderungen zufolge auch die leer stehenden Gebäude der einstigen Entenschlachterei von Wiesenhof. Durch die Schließung 2013 fielen 140 Arbeitsplätze weg. Derzeit arbeiteten noch elf Beschäftigte in der Bettfedern-Reinigung, erzählt der Bürgermeister. Auch ein großes, mit EU-Mitteln gebautes Kühlhaus, warte auf eine Nutzung. „Derzeit gibt es keine Hoffnung, dass das Gelände wiederbelebt wird.“ Im Dorf geht es trotzdem weiter: 25 neue Zierkirschen werden gepflanzt, eine Villa zum Gemeindehaus umgebaut, unter anderem mit Senioren- und Jugendclub. Wettbewerbe, wie sie Neutrebbin schon einige bestritten hat, tragen dem Amtsdirektor zufolge dazu bei, dass das Dorf sich immer wieder überprüft. „Viele Bürger lernen so den eigenen Ort besser kennen.“ Ein Sprecher des Agrarministeriums ergänzt, Neutrebbin habe bisher in bundesweiten Konkurrenzen immer gut abgeschnitten und sei deshalb auserkoren worden.

Am 12. Juni kommt die Wettbewerbs-Jury ins Dorf, die Entscheidung fällt Ende Juni in München. „Der Gewinner bekommt kein Geld“, betont Vereinsgeschäftsführerin Friewald-Hofbauer. Als Preis winke eine kleine Statue, eine Tafel für ein Gebäude, eine Urkunde sowie jede Menge Öffentlichkeit. Die Sieger seien immer häufiger Ziel Interessierter, auch von Gemeinden. „Deren Vertreter kommen in die Dörfer und fragen: Was hat euch so erfolgreich gemacht?“ Die Konkurrenz wird alle zwei Jahre ausgelobt, um den Gemeinden Zeit für die Vorbereitung zu lassen. Sie müssen laut Friewald-Hofbauer analysieren, was sie erreicht haben und wie die Zukunft aussieht. Dabei seien Nachhaltigkeit und Ganzheitlichkeit wichtige Faktoren.

Aus Deutschland erreichen die Teilnehmer fast immer über den Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft“ die internationale Runde. Die Geschäftsführerin hat beobachtet, dass immer mehr Länder aus Ost- und Mitteleuropa dabei sind. „Der Aufholprozess ist in vollem Gange.“

Steffi Prutean

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