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Von Johann Legner: Kontroverse Debatte um Gutachten Streit in der Enquetekommission

Potsdam - Die Arbeit in der Enquetekommission des Landtags, die sich mit dem Übergang Brandenburgs von der SED-Herrschaft zur Demokratie beschäftigt, droht von einem Grundsatzkonflikt zwischen den beteiligten Wissenschaftlern blockiert zu werden. In einem Schreiben an die Mitglieder der Kommission stellt der Berliner Politik-Professor Klaus Schroeder die Vorgehensweise des Gremiums grundsätzlich in Frage und verlangt eine Klarstellung zu den Zielen.

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Potsdam - Die Arbeit in der Enquetekommission des Landtags, die sich mit dem Übergang Brandenburgs von der SED-Herrschaft zur Demokratie beschäftigt, droht von einem Grundsatzkonflikt zwischen den beteiligten Wissenschaftlern blockiert zu werden. In einem Schreiben an die Mitglieder der Kommission stellt der Berliner Politik-Professor Klaus Schroeder die Vorgehensweise des Gremiums grundsätzlich in Frage und verlangt eine Klarstellung zu den Zielen.

Schroeder ist von der CDU, die gemeinsam mit den Grünen und der FDP auf die Einsetzung der Kommission gedrängt hatte, als Mitglied benannt worden und leitet an der Freien Universität (FU) Berlin den Forschungsverbund SED-Staat.

In seinem Brief unterstellt er bei „vielen Mitgliedern“ eine Bereitschaft, unkritisch mit wissenschaftlichen Institutionen in Brandenburg umzugehen, die seiner Auffassung nach einen Beitrag zu einem verklärten Blick auf die DDR zu verantworten haben. Bei einem solchen Vorgehen, „könnte das Land Brandenburg viel Geld und Ärger sparen, indem es die Arbeit der Kommission einstellt“, schreibt Schroeder.

Hintergrund der Auseinandersetzung ist die kontroverse Debatte um ein Gutachten von Christian Thönelt, das einigen Wissenschaftseinrichtungen des Landes vorwirft, sich um eine klare Einordnung der DDR-Wirklichkeit zu drücken. Damit seien sie mitverantwortlich für ein Geschichtsbild, in dem das diktatorische Wesen des früheren Einparteienstaates verneint werde. Nach Vorlage dieses Gutachtens kam es zu einer scharfen Auseinandersetzung zwischen Professor Schroeder einerseits und Martin Sabrow, Leiter des Potsdamer Zentrums für Zeitgeschichtliche Forschung (ZZF), eine der aufgeführten und kritisierten Wissenschaftseinrichtungen. Diese Debatte ist die Fortsetzung eines jahrelangen Streits unter DDR-Wissenschaftlern um die Maßstäbe zur Beurteilung der DDR. „Ich will eine Auseinandersetzung darüber, ob wir auch an die SED-Herrschaft die universelle Messlatte anlegen, die sich von den Menschenrechten ableitet.“ Seinen Kontrahenten unterstellt er „Weichzeichnung der sozialistischen Diktatur“.

Die Sprecher der Oppositionsfraktionen des Landtags zeigten sich überrascht von der massiven Kritik Schroeders. CDU-Fraktionsvorsitzende Saskia Ludwig sagte zu dem Schreiben: „Ich bedauere, dass bei Professor Schroeder der Eindruck entstanden ist, seine wissenschaftlichen Ansätze würden zu einseitig betrachtet.“ Sie hält seine weitere Mitarbeit für unverzichtbar. „Notwendige Kontroversen müssen ausgetragen werden – genau dafür ist die Kommission ja da. Es darf nicht der Eindruck entstehen, wir würden uns um unangenehme Wahrheiten drücken“, so Ludwig. Grünen-Fraktionschef Axel Vogel erklärte, seine Kritik an dem vorgelegten Gutachten dürfe nicht als Parteinahme gegen die Überlegungen von Schroeder missverstanden werden und warnte vor einem „unproduktiven Kleinkrieg“. Die FDP-Vertreterin Linda Teuteberg sagte, es sei ganz natürlich, dass es in der Kommission zu Auseinandersetzungen zwischen konkurrierenden wissenschaftlichen Einrichtungen komme. „Wir brauchen einen offen und ohne Tabus geführten Meinungsstreit und wir werden damit hoffentlich auch produktiv umgehen können“, so Teuteberg.

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