Brandenburg: Kopf-an-Kopf-Rennen bei Kommunalwahlen
Urnengang am Sonntag: Brandenburger haben bis zu zehn Stimmen / Politiker erwarten ein knappes Ergebnis
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Urnengang am Sonntag: Brandenburger haben bis zu zehn Stimmen / Politiker erwarten ein knappes Ergebnis Von Michael Mara und Thorsten Metzner Potsdam. Noch nie sind in Brandenburg Kommunalwahlen mit solcher Spannung erwartet worden: Der Grund ist das erwartete Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen SPD und CDU. Bei den letzten Kommunalwahlen 1998 lagen die Sozialdemokraten mit fast 40 Prozent noch deutlich vor der Union, die sich mit dürftigen 21,4 Prozent begnügen musste. Sie wurde von der PDS, die 21,6 Prozent bekam, ganz knapp auf den dritten Platz verwiesen. Diesmal formuliert die CDU als Wahlziel selbstbewusst „30 plus x“, während die SPD wegen der Unzufriedenheit mit dem rot-grünen Reform-Durcheinander in Berlin trotz der großen Popularität von Ministerpräsident Matthias Platzeck mit Einbrüchen rechnet. Größenordnungen will Landesgeschäftsführer Klaus Ness lieber nicht prophezeien. Ziel der SPD sei es, stärkste Partei zu bleiben. In den letzten Tagen ist die Nervosität gewachsen, zumal der Urnengang als Test für die Landtagswahl im kommenden Jahr gilt. Ness wirft der CDU vor, jetzt offenbar für die verlorene Bundestagswahl „Rache nehmen“ zu wollen. Sie führe keinen lokalen Wahlkampf, sondern konzentriere sich auf die Bundespolitik. CDU-Generalsekretär Thomas Lunacek schießt zurück: Die SPD mache schon einen vorgezogenen Landtagswahlkampf. Anders könne er sich nicht erklären, dass im ganzen Land das Konterfei von Ministerpräsident Matthias Platzeck auf den Wahlplakaten zu sehen sei. Die CDU habe bewusst darauf verzichtet, mit Plakaten ihres Spitzenkandidaten bei der Landtagswahl, Landeschef und Innenminister Jörg Schönbohm in den Kommunalwahlkampf zu ziehen. Allerdings rechnet die CDU nicht damit, bereits jetzt an der SPD vorbei ziehen zu könne. „Stärkste Partei“ will sie nur in zwei Landkreisen im schwarzen Süden des Landes werden, nämlich Elbe-Elster und Spree-Neiße. Auch die Stadtverordnetenversammlung in Frankfurt (Oder) hat sie ins Visier genommen, nach Umfragen liegt sie hier deutlich vor der SPD. Die PDS will die Union jedoch „mit deutlichen Abstand“ überholen, was ihr auch gelingen dürfte. Denn selbst PDS-Wahlkampfchef Heinz Vietze erwartet nicht, dass die Sozialisten erneut die Union übertrumpfen können. Sie wären schon froh, wenn sie ihre 21,6 Prozent von 1998 erreichen könnten. „Das wäre das Signal, dass die PDS in Brandenburg die Krise überwunden hat“, so der Bundes- und Potsdamer Fraktionschef Lothar Bisky. Aber auch die beiden kleinen, nicht im Landtag vertretenen Parteien FDP und Grüne wollen etwas vom Kuchen abbekommen und diesmal die Fünf-Prozent-Hürde überspringen – als Probe für die Landtagswahl. Freilich sorgen sich alle Parteien, dass ihnen die Wähler einen Strich durch die Rechnung machen und zu Hause bleiben könnten. Vor allem die SPD befürchtet, dass große Teile ihrer Wählerschaft nicht zur Wahl gehen. Aber nicht nur Brandenburgs Parteien haben ihre liebe Not, auch die Wähler. Denn es gibt mit maximal vier Wahlzetteln so viele wie noch nie, was die Abstimmung verwirrend macht. Der Grund: Diesmal werden nicht nur wie gewohnt Kreistage, Bürgermeister und Gemeindevertretungen neu gewählt, sondern zum ersten Mal auch die neuen „Ortsteilbürgermeister“ oder „Ortsbeiräte“. Eine Folge der umstrittenen Gemeindegebietsreform von Innenminister Jörg Schönbohm, die mit dem Wahltag in Kraft tritt. Früher selbständige Mini-Dörfer fusionieren zu Groß-Gemeinden. Durch die größtenteils freiwilligen, teils auch zwangsweisen Zusammenschlüsse verringert sich die Zahl der Gemeinden in Brandenburg von 1 479 auf nur noch 422. Rund 200 Mini-Gemeinden haben zwar Verfassungsbeschwerde eingereicht, aber darüber wird erst nach der Wahl entschieden. Organisatorisch wird die Wahl trotz Gemeindereform nicht leichter sondern schwieriger: In den Wahllokalen müssen vier Urnen aufgestellt werden, in die der Wähler je einen Wahlzettel stecken muss. Und die Auszählung wird komplizierter, weil maximal bis zehn Stimmen abgegeben werden können. 1998 benötigte ein Brandenburger 45 Minuten für das Ausfüllen der Wahlzettel. Diesmal dürfte der Rekord noch überboten werden.
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