Brandenburg: Kreisreform rückt näher
Kommunal-Enquete des Landtages beginnt mit Debatte um die künftige Verwaltungsstruktur
Stand:
Potsdam – Nach Mecklenburg-Vorpommern, wo das Verfassungsgericht jüngst in einem Präzedenzurteil die Bildung von Großkreisen für verfassungsgemäß erklärt hatte, steuert auch Brandenburg unaufhaltsam auf eine Kreisgebietsreform zu. In der Enquete-Kommission des Landtages zum nötigen Umbau Brandenburgs, die am Freitag erneut tagte, steht das Vorhaben bislang zwar noch nicht im Mittelpunkt.
Doch zeigte sich in der Sitzung erneut, dass Brandenburg um eine Klärung nicht herumkommt, wenn vor dem Hintergrund der demografischen und finanziellen Engpässe bis 2020 staatliche und kommunale Strukturen aus einem Guss gebildet werden sollen. Nötige Nachbesserungen bei Gemeindestrukturen bringen die Kreisreform auf die Tagesordnung.
Aus Sicht der Landesregierung gibt es selbst bei den Gemeindestrukturen, die anders als die seit 1993 nicht angetasteten Kreisgrenzen erst vor wenigen Jahren unter Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) 2003 gestrafft worden waren, es seitdem noch 416 statt vorher 1479 Gemeinden gibt, bereits wieder Handlungsbedarf. Das geht aus einem ersten Bericht der Landesregierung zur „Evaluierung“ der damaligen Reform hervor, der in der Enquete am Freitag beraten wurde. Danach haben inzwischen angesichts rückläufiger Bevölkerungszahlen bereits 27 der 416 amtsfreien Gemeinden weniger als die damals für leistungsfähige Verwaltungen angesetzte Grenze von 5000 Einwohnern, bis 2030 werden weitere 35 dazu kommen. Zwar hält das Innenministerium eine flächendeckende neue Gemeindereform nicht für notwendig, Anpassungen aber schon, wie der Experte Markus Grünewald ausführte: „Die derzeitigen Kommunalstrukturen sind nicht zukunftsfähig“. Dies betreffe im Übrigen nicht nur dünnbesiedelte berlinferne Regionen, „sondern alle Landesteile.“ Vor diesem Hintergrund fördert das Innenministerium neuerdings freiwilige Gemeinde-Zusammenschlüsse, für die im Lande die Bereitschaft wächst. Gleichwohl müsse die Enquete-Kommission die grundsätzliche Entscheidung treffen, so Grünewald, ob man auf freiwillige Kooperationen oder auf Fusionen setzt, „ob das Prinzip der Freiwilligkeit gilt“. Das Ministerium favorisiert danach klare Lösungen, also Fusionen, „bei Kooperationen gibt es immer Reibungsverluste“. Mit der Nach-Reform bei Gemeindestrukturen kommt man nach dem Regierungsbericht zwangsläufig an die brisante Thematik der Kreisgebietsreform, die Rot-Rot nach dem Koalitionsvertrag zwar in dieser Legislaturperiode nicht für notwendig hält. Doch, so der Bericht: „Zwischen (zukünftiger) Gemeindegebietsstruktur und derzeitiger Kreisstruktur besteht ein nicht von der Hand zu weisender enger, wechselseitiger Zusammenhang.“ Sollte es in Brandenburg zu einer Reduzierung der Gemeidezahlen kommen, „wird Brandenburg unter Umständen mit einer deutlich geringeren Zahl von Landkreisen auskommen können“, mahnt der Bericht. „Bei Reduzierung der Verwaltungseinheiten pro Landkreis wären die derzeitigen Kreisstrukturen sachlich nicht mehr gerechtfertigt.“ Derzeit gibt es in Brandenburg vierzehn Landkreise und vier kreisfreie Städte, von denen einige besonders dramatisch von Bevölkerungsrückgängen betroffen sind, wie etwa die Prignitz oder die Stadt Frankfurt an der Oder.
Allerdings ist eine Reform bei Gemeinde- und Kreisstrukturen ein Politikum, Widerstände sind programmiert. So warnte Karl-Ludwig Böttcher, Geschäftsführer des Städte- und Gemeindebundes und Enquete-Mitglied, vor Schnellschüssen: „Ohne vernünftige Diagnose stellt kein Arzt eine Therapie auf.“ SPD und Linke haben das Innenministerium bereits aufgefordert, die Analyse der letzten Gemeindegebietsreform noch zu vertiefen. Grüneberg selbst gestand ein: „Es ist erst der erste Aufschlag.“
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: