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Gewaltproblem Rütli-Schule: Behörden setzen auf die Hilfe der Polizei – und auf die Fusion mit der benachbarten Realschule

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Berlin - Die in Not geratene Rütli-Hauptschule in Berlin-Neukölln erhält Hilfe. Ab sofort sollen Eingangskontrollen durch die Polizei mehr Sicherheit geben. Zudem kommt ab Montag vorübergehend ein Schulleiter, bis die Rektorenstelle besetzt ist. Nach den Sommerferien soll zudem die Fusion mit der benachbarten Heinrich-Heine-Realschule betrieben werden. Dies kündigte Bildungssenator Klaus Böger (SPD) gestern an, nachdem diese Zeitung über die erschreckenden Zustände an der Rütli-Schule berichtet hatte.

„Ich habe mit dem Polizeipräsidenten und dem Innensenator gesprochen“, berichtete Böger. Solange wie nötig solle es die Polizeipräsenz an der Schule geben. Auf keinen Fall werde die Schule aufgegeben oder geschlossen: „Wir werden an keinem Standort zurückweichen.“ Stattdessen werde das Kollegium von einer arabisch und einem türkisch sprechenden Sozialpädagogen sowie ab 1. Mai von einem Sozialarbeiter unterstützt.

Wie berichtet, gibt es an der Schule ein massives Gewaltproblem. Es führt dazu, dass sich einige Lehrer in bestimmte Klassen nur noch mit Handy wagen, um notfalls Hilfe holen zu können. Geregelter Unterricht ist kaum noch möglich. Böger bestritt aber, dass die Schule um Auflösung gebeten habe. In ihrem Brief hatte die Schule jedoch geschrieben: „Perspektivisch muss die Hauptschule in dieser Zusammensetzung aufgelöst werden zugunsten einer neuen Schulform mit gänzlich neuer Zusammensetzung“. Diese neue Zusammensetzung soll es jetzt geben, wenn die Schule mit der unter dem selben Dach befindlichen Heinrich-Heine-Realschule fusioniert wird. Allerdings gibt es bisher kaum Kontakt zwischen beiden Schulen. Sie haben sogar unterschiedliche Pausenzeiten, um sich nicht ins Gehege zu kommen. Davon lässt sich Schulsenator Böger aber nicht abschrecken: „Ob zwei Schulen sich mögen, ist zweitrangig“, sagte der Politiker gestern weiter. Bisher wurde bei Fusionen allerdings immer auf die Freiwilligkeit gesetzt. Es ist zu erwarten, dass Lehrer und Eltern der Heine-Schule die neue Linie ablehnen werden. Denn auch die Heine-Schule hat Probleme.

Die seit Anfang des Schuljahres wegen Krankheit ausgeschiedene Leiterin der Rütli-Schule Brigitte Pick meldete sich gestern ebenfalls zu Wort. Sie habe ihre „ganze Kraft investiert, um solche Verhältnisse zu verhindern“, schrieb sie an diese Zeitung. Anders als die jetzige kommissarische Schulleiterin Petra Eggebrecht sehe sie das eigentliche Problem aber weniger in der nationalen als in der sozialen Herkunft der Schülerschaft und ihrer mangelnden Perspektive. So habe im letzten Schuljahr kein Schüler mehr einen Ausbildungsplatz erhalten. Zudem versage die Lehrerbildung, die die künftigen Pädagogen nicht auf die soziale Wirklichkeit vorbereite. Der Politik wirft Pick vor, sie habe der „Gettoisierung der Schulen jahrzehntelang tatenlos zugesehen“.

Die CDU sieht im Hilferuf der Rütli-Schule „nur die Spitze des Eisberges“. Gewalt, Ausgrenzung und Terror gegen Lehrer und Mitschüler gehörten seit Jahren zum Alltag an vielen Berliner Schulen. Fraktionschef Nicolas Zimmer forderte eine Task Force Schule, die auf Problemlagen reagieren könne. Die PDS sieht in der Situation der RütliSchule ein weiteres Indiz dafür, dass das dreigliedrige Schulsystem mit seiner „Stigmatisierung“ der Hauptschüler abgeschafft werden müsse. Die Bündnisgrünen forderten „dringend mehr Personal – auch Erzieher, Schulpsychologen, Sozialarbeiter, Handwerker und andere Professionen“. Mieke Senftleben von der FDP forderte finanzielle Anreize, um Stellen in sozialen Brennpunkten besetzen zu können. Über Neuaufnahmen von Schülern müsse die Schulleitung entscheiden können. Susanne Vieth-Entus

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