Brandenburg: Kritik an höheren Bezügen für Kassenfunktionäre
Druck auf Krankenkassen wächst / Brandenburger Parteien fordern Beitragssenkungen / Ministerium soll Bericht liefern
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Druck auf Krankenkassen wächst / Brandenburger Parteien fordern Beitragssenkungen / Ministerium soll Bericht liefern Potsdam/Berlin - Die brandenburgischen Parteien kritisieren die höheren Bezüge einiger Kassenfunktionäre. Die Krankenkassen müssten ihre Überschüsse für Beitragssenkungen einsetzen, forderte die SPD-Landtagsabgeordnete Sylvia Lehmann gestern. Sonderzahlungen für Funktionäre dürfe es nicht geben, sagte Lehmann, die auch dem Gesundheitsausschuss des Landtags angehört. Die Beitragszahler hätten Opfer gebracht und müssten nun in den Genuss der Überschüsse kommen. Stattdessen würden sich wie im Fall der Innungskrankenkasse (IKK) Brandenburg und Berlin Kassenfunktionäre „üppig bedienen“. Das Brandenburger Gesundheitsministerium sei dazu um einen Bericht gebeten worden. „Wir wollen wissen, bei welchen Krankenkassen im Land Brandenburg so verfahren wird“, sagte sie. Die CDU-Sozialexpertin Roswitha Schier bezeichnete die Gehaltserhöhungen als instinktlos. Den Menschen sei nicht zu vermitteln, dass sie mit Praxisgebühren belastet werden, um damit die höheren Vorstandsgehälter zu finanzieren, kritisierte Schier. Statt wenigstens einen Teil des Geldes für Beitragssenkungen zu verwenden, hätten einige Kassenvorstände nichts Besseres zu tun, als die eigenen Gehälter zu erhöhen. Das sei „maßlos und äußerst unsensibel“. Der FDP-Landesvorsitzende Heinz Lanfermann sprach von Abzocke der Versicherten. Er forderte eine Reform des Gesundheitswesens. Wenn Kassen wie die IKK Berlin und Brandenburg ein gutes Ergebnis hatten, lag das nicht an besonders gutem Wirtschaften, sondern an den Praxisgebühren und erhöhten Arzneizuzahlungen der Versicherten, wie er sagte. Die Krankenkassen geraten indes immer mehr unter Druck, die Milliardengewinne, die sie durch die geänderten Zuzahlungsregeln im letzten Jahr einfuhren, endlich an die Versicherten weiterzugeben. Doch Beitragssenkungen, die den Versicherten zu Gute kommen, haben bisher nur sehr wenige Kassen in Aussicht gestellt. Dabei kommt in diesem Jahr keine gesetzliche Krankenkasse an einer Senkung ihres Beitragssatzes vorbei. Durch die Gesundheitsreform sind die Kassen nämlich gesetzlich verpflichtet, zum 1. Juli 2005 ihren Beitrag um 0,9 Prozentpunkte zu senken. Doch freut dies nur die Arbeitgeber. Denn zum selben Zeitpunkt muss jeder gesetzlich Versicherte 0,9 Prozent des Bruttolohnes zusätzlich für den Zahnersatz aufbringen – de facto zahlt also jeder Arbeitnehmer 0,45 Prozent mehr, um die der Arbeitgeber entlastet wird. Ob die Versicherten tatsächlich weniger zahlen müssen, hängt davon ab, um wieviel über 0,9 Prozentpunkte hinaus die Kassen ihre Beiträge senken. Die Deutsche Angestellten-Krankenkasse (DAK) plant ihren Beitrag zum 1. Juli um insgesamt 1,1 bis 1,2 Prozentpunkte zu verringern, „von jetzt 14,7 auf bis zu 13,5 Prozent“ sagt Rüdiger Scharf, DAK-Sprecher für Berlin und Brandenburg. In beiden Bundesländern hat die Kasse insgesamt 460 000 Versicherte. Auch die Barmer will ihre Mitglieder real entlasten. „Vor dem Komma soll mindestens eine eins stehen“, sagt Hermann Schmitt, Landesgeschäftsführer der Barmer Berlin-Brandenburg. Also 0,1 Prozentpunkte mehr, als gesetzlich gefordert. Derzeit zahlen die rund 510 000 Barmer-Mitglieder in der Region 14,7 Prozent ihres Bruttolohnes an die Kasse. Auch die Innungskrankenkasse Berlin und Brandenburg (IKK) will ihre Beiträge „moderat senken“, sagt IKK-Sprecherin Gisela Köhler. Man rechne derzeit mit zusätzlich 0,2 Prozentpunkte für die 160 000 IKK-Mitglieder – von derzeit 14,5 auf dann insgesamt 13,4 Prozent. Dagegen sieht die Techniker Krankenkasse – in Berlin und Brandenburg hat die Kasse rund 360 000 Mitglieder – vermutlich keinen Spielraum für eine über die gesetzliche Notwendigkeit hinausgehende Absenkung. „Wir haben schon jetzt einen sehr niedrigen Beitragssatz von 13,7 Prozent“, sagt TK-Sprecher Detlef Natusch. „Die Kasse machte im letzten Jahr ein Plus von bundesweit 180 Millionen Euro, ein Jahr zuvor waren es noch 435 Millionen Euro minus.“ Auch die größte Berlin-Brandenburger Betriebskrankenkasse (BKK) – die BKK der Verkehrsbauunion – hat nach den Worten ihrer Vorstandchefin Andrea Galle keinen Spielraum, um ihren Beitrag von derzeit 13,9 Prozent um mehr als 0,9 Prozentpunkte zu reduzieren. ddp/Ingo Bach
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