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Brandenburg: Kritik an überzogenem Datenschutz Glietsch: Bei kriminellen Kindern schneller reagieren

Berlin - Restriktiver Datenschutz erschwert es den Behörden, mit jungen Kriminellen fertig zu werden. Dieser Überzeugung ist Polizeipräsident Dieter Glietsch, der damit klar auf Distanz zum Datenschutzbeauftragten Alexander Dix geht.

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Berlin - Restriktiver Datenschutz erschwert es den Behörden, mit jungen Kriminellen fertig zu werden. Dieser Überzeugung ist Polizeipräsident Dieter Glietsch, der damit klar auf Distanz zum Datenschutzbeauftragten Alexander Dix geht. „Eine enge Auslegung des Datenschutzes ist kontraproduktiv“, sagte Glietsch dieser Zeitung. „Aber die Behörden sind nicht gezwungen, dieser engen Auslegung zu folgen.“ Schließlich gebe es Ermessensspielräume. Jene Ämter, die sie nicht nutzten, „erschweren den Austausch von Informationen“ sagte Glietsch.

Aus Sicht des Polizeichefs hat sich die Zusammenarbeit von Polizei, Jugendämtern und Schulen zwar schon deutlich verbessert, „aber mehr geht immer“. Auch die Bereitschaft von Jugendamtsmitarbeitern, frühzeitig die Polizei einzuschalten, lasse teilweise zu wünschen übrig. Die Arbeit der Jugendämter sieht Glietsch teilweise kritisch. Er wolle keine Urteile fällen, aber: Kinder könnten durchaus schon aus kriminellen Familien herausgenommen werden, „bevor sie das zehnte Mal festgenommen worden sind“. Die Grenze zur Strafmündigkeit von 14 auf zwölf Jahre zu senken, ist für Glietsch dagegen keine Option: „Eine Erziehungsanstalt mit hochwertigem Konzept nützt diesen Kindern ganz bestimmt mehr als die Jugendstrafanstalt.“

Anders als Glietsch würde der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) schwer kriminelle Kinder in solchen Einrichtungen auch notfalls einsperren. Sollte Wowereits Ruf erhört werden, könnte alles ganz schnell gehen: Das Evangelische Jugend- und Fürsorgewerk (EJF) verhandelt bereits mit Hauseigentümern im brandenburgischen Rauen über den Aufbau einer Einrichtung. „Pro Jahr gibt es in Berlin etwa  sechs bis acht Fälle, die so eine Einrichtung nötig hätten, vorwiegend Jungen“, sagt EJF-Leiter Siegfried Dreusicke. Pläne für ein Haus, in dem Jugendliche unter 14 Jahren untergebracht werden können, liegen schon vor. Dabei ist ein fließender Übergang zwischen „geschlossenen“ und „offenen“ Bereichen geplant: Von den geplanten 36 Plätzen soll es acht mit „freiheitsentziehenden Maßnahmen“ geben, die nur so lange wie nötig angewandt würden. Nach einer Woche oder zwei könnten die Kinder in eine offene Gruppe wechseln.

Mehr Plätze würde auch die stellvertretende Jugendamtsleiterin in Neukölln, Marion Thurley, begrüßen. Denn in Berlin gebe es für eine geschlossene Unterbringung keine Plätze. Berliner Kinder könnten zwar in Einrichtungen in Süd- und Westdeutschland untergebracht werden. Diese hätten jedoch lange Wartelisten. Es gebe Alternativen wie das brandenburgische Frostenwalde, das ebenfalls vom EJF geführt wird. Dieses liege so weit von Berlin entfernt, dass Jugendliche schlecht weglaufen könnten. Die Grünen sprechen von einer „Kinderknast“-Debatte. Sie lehnen jegliche Unterbringung in geschlossenen Heimen ab, die zur Bestrafung eingesetzt wird und nicht dem Kindeswohl dient. pth/obs/ball

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