Brandenburg: Landtag bleibt beim Stasi-Thema gespalten Grüne und Liberale verweigern sich gemeinsamer Resolution
Potsdam - Der insbesondere von der CDU betriebene Versuch, den Potsdamer Landtag auf eine gemeinsame Haltung zu den Stasi-belasteten Abgeordneten zu verpflichten, ist an den kleinen Oppositionsfraktionen gescheitert. Die Abgeordneten der Grünen und der FDP stimmten wie auch einige Christdemokraten einem Entschließungsantrag der drei großen Fraktionen nicht zu.
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Potsdam - Der insbesondere von der CDU betriebene Versuch, den Potsdamer Landtag auf eine gemeinsame Haltung zu den Stasi-belasteten Abgeordneten zu verpflichten, ist an den kleinen Oppositionsfraktionen gescheitert. Die Abgeordneten der Grünen und der FDP stimmten wie auch einige Christdemokraten einem Entschließungsantrag der drei großen Fraktionen nicht zu.
Der Fraktionsvorsitzende der Grünen bewertet das Vorgehen der Landtagsmehrheit als eine „Aneinanderreihung von Allgemeinplätzen mit einem gewaltigen Wortgeklingel“ und als „schlechten Witz“ angesichts des Verhaltens der Linksfraktion. Er warf dieser Fraktion auch vor, „reflexhaft abzuwiegeln“ und „sich selbst Generalabsolution zu erteilen“.
Ähnlich scharf ging die FDP-Abgeordnete Linda Teuteberg mit dem Entschließungsantrag um. Er verschleiere die tatsächlich vorhandenen Unterschiede. „Wahrhaftigkeit und Klarheit sind heute wichtiger als Gemeinsamkeit“, sagte Teuteberg, die bei ihrer Rede auch mehrfach Beifall von der CDU erhielt. In Brandenburg hätten vier Fraktionen des Parlaments kein Problem mit der Stasi-Vergangenheit, aber die Linke ein ganz massives, sagte die Abgeordnete weiter in der Debatte zu dem Bericht eines unabhängigen vierköpfigen Gremiums, das vom Landtag mit der Überprüfung der Abgeordneten beauftragt worden war. „Diese Kommission hat uns mit ihrem Bericht noch einmal klargemacht, dass etwas nicht stimmt in diesem Landtag“, meinte sie mit Blick auf die Zahl der ehemaligen Spitzel und fügte hinzu: „Wenn wir schon kein stasifreies Parlament haben, dann sollten wir dies wenigstens bedauern.“ Grüne und Liberale verweigerten deswegen die Unterschrift unter den mit „Ehrlichkeit zeigen – Verantwortung übernehmen – Vertrauen stärken“ überschriebenen Antrag, der auch von allen Stasi-Belasteten unterzeichnet wurde. Damit blieb auch die Debatte um den Bericht der Kommission kontrovers.
Das vor zwei Jahren eingesetzte Gremium hatte festgestellt, dass insgesamt sechs Parlamentarier in der DDR Mitarbeiter des Ministeriums für Staatssicherheit waren. Alle gehören der Linkspartei an, wobei der Lausitzer Abgeordnete Gerd-Rüdiger Hoffmann inzwischen die Landtagsfraktion der Partei verlassen hat. Es sei nicht die Aufgabe der Kommission gewesen, die Fälle zu bewerten und Empfehlungen abzugeben, sagte ihre Vorsitzende Ulrike Poppe, die als erste Rednerin den Bericht den Abgeordneten vorstellte. Jeder Mensch sei fehlbar und erst der Umgang mit seiner Vergangenheit mache ihn entweder glaubwürdig oder nicht. Poppe warnte davor, die Auseinandersetzung mit der Geschichte zu sehr auf das Stasi-Thema zu reduzieren. Die Aufarbeitungsbeauftragte des Landes wies darauf hin, dass letztlich entscheidend für die Politik der DDR und die Verfolgung der inneren Opposition die Partei, die SED, war. Aus Sicht der Kommission sei bedeutsam gewesen, welche Haltung die Betroffenen heute zu ihren früheren Fehlern eingenommen hätten. Und dazu enthalte der Bericht einige Hinweise.
Um diese Anfang des Jahres getroffenen Feststellungen der Kommission gab es zunächst erheblichen Streit, da insbesondere die selbst schwer belastete Fraktionsvorsitzende der Linkspartei Kerstin Kaiser den Bericht angegriffen hatte. Der CDU-Generalsekretär Dieter Dombrowski ergriff dann die Initiative zu einer gemeinsamen Resolution, in der die „schwere moralische Schuld“ dieser Abgeordneten festgestellt werden sollte, ansonsten allerdings keine weiteren Konsequenzen gefordert wurden. Nach einigen weiteren Ergänzungen durch die Linkspartei wurde dieser Entschließungsantrag dann allen Abgeordneten zur Unterschrift vorgelegt.
SPD-Fraktionschef Ralf Holzschuher begrüßte ausdrücklich die Initiative aus den Reihen der CDU zu einer gemeinsamen Entschließung. Dies sei „ein gutes Signal“. Die Feststellungen der Kommission enthielten „keine Überraschungen mehr“. Mit Blick auf die Abgeordnete Gerlinde Stobrawa, die weiterhin und im Gegensatz zu den Feststellungen der Kommission eine Spitzeltätigkeit bestreitet, sagte Holzschuher auch, wer seine Wähler getäuscht habe, „sollte sich genau überlegen, ob und wie er das Mandat erfüllen kann“. Holzschuher bestritt am Rande der Sitzung allerdings Medienberichte, wonach inzwischen von der Regierungskoalition mit der Abgeordneten Strobrawa besprochen worden sei, dass sie sich im nächsten halben Jahr aus dem Landtag zurückziehe. Für die Linksfraktion berief sich der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Stefan Ludwig auf die Anstrengungen, die man unternommen habe, um das stalinistische Erbe der Partei zu überwinden. Ludwig redete anstelle der Fraktionsvorsitzenden Kerstin Kaiser, weil diese selbst einst für die Staatssicherheit Kommilitonen ausgeforscht hatte. Dieter Dombrowski von der CDU rief den Landtag dazu auf, sich jetzt auf die „Opfer“ der SED-Herrschaft zu konzentrieren. An der Tatsache, dass im Landtag eine größere Zahl von Spitzeln sitze, könne seine Partei nichts ändern, deswegen sei es wichtig, jetzt die Aufmerksamkeit denen zu widmen, die einst von der Stasi verfolgt worden seien. Das sei mit der von Grünen und Liberalen heftig kritisierten Entschließung möglich.
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