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Brandenburgs DDR-Enquetekommission: Landtag prüft Verhalten des Präsidenten
Brandenburgs Landtagspräsident Fritsch erntet für Äußerungen zur DDR-Enquetekommission breite Kritik. Das Parlament ist noch nicht fertig mit ihm.
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Potsdam - Brandenburgs Landtagspräsident Gunter Fritsch muss sich wegen seines Verhaltens gegenüber der DDR-Enquetekommission vor dem Parlamentspräsidium verantworten. Grund ist Fritschs Vorwort für ein im Landtag vorgestelltes Buch über die Kommission. Dabei hatte Fritsch gesagt, die Opposition betreibe mit dem Gremium Frustbewältigung. Das Präsidium und der Parlamentarische Beratungsdienst klären, ob Fritsch seine Neutralitätspflicht verletzt hat. In dem Buch wird der Kommission Gesinnungsschnüffelei „in der Tradition der katholischen Inquisition“ vorgeworfen. In Fritschs Vorwort heißt es: „Ja, man kann die Dinge auch so sehen.“ Grünen-Fraktionschef Axel Vogel sagte: „Man kann keine Goebbels-Vergleiche mit Mitgliedern der Kommission machen.“ Die Aufarbeitungsbeauftragte Ulrike Poppe kritisierte die Buchvorstellung im Landtag.
Hintergrund
Die DDR-Enquetekommission hat sich für eine weitere Aufarbeitung möglicher Stasi-Verstrickungen im öffentlichen Dienst und der Politik ausgesprochen. Dabei seien ein „größtmögliches Maß an Transparenz und entsprechende Überprüfungen im Rahmen der rechtlichen Bestimmungen“ nötig, heißt es im Teil des Abschlussberichts zu Geschichtsbild und DDR-Aufarbeitung, der am Freitag in Potsdam beschlossen wurde. Dabei müssten – auf Antrag der Linken – Einzelfälle mit menschlichem Maß bewertet werden. Zur Frage, ob Ex- Stasi-Mitarbeiter eine aktive Rolle in der Politik oder eine Funktion im öffentlichen Dienst übernehmen sollten, fand das Gremium keine einheitliche Meinung. Einige Mitglieder halten Ex-Stasi-Mitarbeiter für ungeeignet, heißt es im Bericht, der mit einer Gegenstimme und zwei Enthaltungen beschlossen wurde. Übereinstimmung herrscht darüber, dass eine Tätigkeit für die Stasi nicht pauschal, sondern anhand des Einzelfalls beurteilt werden müsse.
In Schulen sei es geboten, historisch gesichertes Faktenwissen über Lebenswirklichkeit und Diktaturcharakter der DDR zu vermitteln. Dabei müssten auch die Alltagsgeschichte und persönliche Erfahrungen von DDR-Bürgerinnen und -Bürgern einbezogen werden, um „die Ambivalenz des Lebens in der Diktatur zwischen Anpassung und Selbstbehauptung, zwischen privatem Lebensglück und staatlicher Bevormundung aufzuzeigen“, heißt es dort weiter. Die Unterschiede zum demokratischen und freiheitlichen Rechtsstaat müssten deutlich werden. Auch Parteien müssten sich kritisch mit der eigenen Geschichte auseinandersetzen und „Tendenzen der Verharmlosung und Relativierung entgegentreten“, sie trügen Verantwortung für die Aufklärung über die Diktatur. (axf/epd)
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