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Enquetekommission zur DDR-Aufarbeitung kritisiert: Landtagspräsident vergisst seine Neutralität
Gunter Fritsch geht auf Distanz zur Enquetekommission zur DDR-Aufarbeitung und wirft der Opposition Frustbewältigung vor.
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Potsdam - Brandenburgs Landtagspräsident Gunter Fritsch hat sich abfällig über die Arbeit der Enquetekommission zur DDR-Aufarbeitung geäußert. Bei einer Buchvorstellung in Zusammenarbeit mit der Rosa-Luxemburg-Stiftung am gestrigen Montag im Landtag sagte Fritsch als offizieller Gast und in seiner Funktion als Parlamentspräsident über die Einsetzung des Gremiums auf Antrag der Oppositionfraktionen CDU, FDP und Grüne im Jahr 2010: „Das ist Frustbewältigung vom feinsten.“ Gemeint war einerseits die Ablösung des SPD-CDU-Bündnisses durch eine rot-rote Koalition aus SPD und Linke sowie die 15-jährige Abwesenheit von FDP und Grünen im Landtag. Die Existenzberechtigung der Kommission stelle er aber nicht infrage, sagte Fritsch.
CDU und Grüne reagierten mit harscher Kritik auf Fritsch. Der Parlamentspräsident hatte das Vorwort zu dem vorgestellten Buch über die Arbeit der Enquetekommission verfasst. In dem Buch wird der Kommission Gesinnungsschnüffelei „in der Tradition der katholischen Inquisition“ vorgeworfen. CDU- Fraktionschef Dieter Dombrowski, der Vize-Vorsitzender der Kommission ist, sagte, für eine Bilanz über die Arbeit der Enquetekommission sei es zu früh. Nach kontroversen Debatte arbeitete die Kommission jetzt sachlich am Abschlussbericht, der konkrete Empfehlungen enthalten werde. „Wer meint, schon jetzt die Arbeit der Kommission negativ bewerten zu können, hat nicht verstanden, worum es dabei überhaupt geht“, so Dombrowski. „Es ist deshalb befremdlich, dass Landtagspräsident Fritsch als Mitglied der Kommission solche vorschnellen und oberflächlichen Bilanzierungsversuche unterstützt.“
Grünen-Fraktionschef Axel Vogel kritisierte, dass Fritsch die einseitige Bestandsaufnahme des Buches lobt, dabei sei er zu neutraler Amtsführung verpflichtet. „Dass er nun die selbst nach Meinung der Linken eigenwilligen Standpunkte eines Journalisten des Neuen Deutschland mit einem Vorwort zu dessen Buch höhere Weihen verleiht und den dort präsentierten Thesen zur Arbeit eines wichtigen Landtagsgremiums Unabhängigkeit attestiert, ist mit seinem Amt nicht zu vereinbaren“, so Vogel. Es sei völlig inakzeptabel, dass der Landtagspräsident der Schmähung von Aufarbeitungsbemühungen in seinem Haus Vorschub leistet. „Hier stellt sich die sehr ernste Frage nach dem Amtsverständnis des Präsidenten“, so Vogel. Fritsch habe selbst für die Schaffung der Kommission gestimmt und gehöre ihr als stellvertretendes Mitglied für die SPD an.
In dem Vorwort des Buches schreibt Fritsch, es zeige „das andauernde Gerangel um die Deutungshoheit bei den Themen Stasi-Vergangenheit, Gerechtigkei sowie bei der Suche nach der unfehlbaren Wahrheit“. Bei der Vorstellung war auch Ex-Politprominenz anwesend, etwa Heinz Vietze, bis 1997 Strippenzieher der PDS im Landtag und vor 1990 SED-Bezirkschef in Potsdam. Und Ex-Wissenschaftsminister Hinrich Enderlein (FDP), er verteidigte den „Brandenburger Weg“ der früheren 1990-er Jahre, kritisierte die Enquetekommission als unparlamentarisch und die damalige Stasi-Überprüfung im Land, die sich als lückenhaft und nachsichtig herausgestellt hat, als völlig in Ordnung.
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