Brandenburg: Langer Kampf gegen Sprengbanden
Die Zahl der gesprengten Geldautomaten hat sich in Brandenburg verdreifacht. Polizeipräsident Mörke setzt deshalb eine Soko auf die Täter an.
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Potsdam - Brandenburgs Polizeipräsident Hans-Jürgen Mörke verstärkt den Kampf gegen die Geldautomaten-Spreng-Banden. Wegen der rapide gestiegenen Zahl von Attacken auf Geldautomaten hat Mörke nun die neue Sonderkommission (Soko) „Fläming“ eingesetzt. Noch vor Ablauf des Jahres hat sich die Zahl der Fälle bereits verdreifacht. Laut Mörke hat es bis Ende vergangener Woche bereits 24 Fälle gegeben, davon neun Versuche. Allein zehn Fälle registrierte die Polizei in Südbrandenburg. Im gesamten vergangenen Jahr waren es landesweit nur neun Taten.
Die Soko wird direkt an das Landeskriminalamt angegliedert – eine Reaktion auf das Agieren der Banden über die Grenzen Brandenburgs in der Bundesrepublik und darüber hinaus. Auch die Zahl der mit den Fällen befassten Beamten wird deutlich aufgestockt. Bislang waren innerhalb der auf Wohnungseinbrüche konzentrierten Gemeinsamen Ermittlungsgruppe Berlin-Brandenburg (GEG) fünf Ermittler und zwei Auswerter mit den Sprengattacken befasst. Künftig sollen sich zehn Ermittler in der neuen Soko ausschließlich um gesprengte Bankautomaten kümmern. Verstärkt wird die Soko bei Bedarf mit Fahnder- und Observationseinheiten.
Mit dieser Maßnahme wolle er „den kriminalpolizeilichen Ermittlungsdruck auf die Geldautomatensprenger intensivieren, um der Täter habhaft zu werden“, sagte Mörke. Doch Illusionen über einen schnellen Erfolg macht sich auch der Polizeipräsident nicht. „Die Banden agieren grenzüberschreitend“, sagte er. „Es wird sehr schwer werden und kann länger dauern, bis wir zum Erfolg kommen.“ Sein Eingreifen begründet Mörke auch mit der wachsenden Brutalität der Täter. Diese seien „skrupellose Typen, die das Leben von Menschen riskieren“.
Das zeigt ein Beispiel aus Lübben (Dahme-Spreewald). Dort hatten Unbekannte in der zweiten Oktoberwoche einen Bankautomaten in die Luft gesprengt. Durch die Wucht der Explosion wurde nicht nur das gesamte Gebäude beschädigt, sondern auch das Rathaus nebenan. Statiker mussten anrücken, um zu bestätigen, dass es weiter genutzt werden kann.
Anwohner hatten mehrere mutmaßliche Täter flüchten sehen. Auch die Polizei war schnell am verwüsteten Tatort. Die Täter gehen immer nach demselben Muster vor: Sie rücken mit Gasflaschen an, leiten das Gas in die Automaten ein und entzünden es. Dass infolge der Explosion auch die Gebäude beschädigt werden, kümmert sie offenbar nicht.
Für die Ermittler des LKA ist noch ein Phänomen auffällig: Die Sprengtäter verlagern ihren Aktionsraum offenbar immer stärker nach Osten: Nach einer Welle von Sprengattacken in den Niederlanden und im Westen Deutschlands weichen die Banden auch nach Brandenburg aus. Der Grund ist banal: Besonders in den Niederlanden haben die Banken massiv aufgerüstet. Durch neue Technik in den Geldautomaten wird eine Explosion des eingeleiteten Gases verhindert.
In Brandenburg ist diese neue Technik bislang noch nicht weit verbreitet. Aber es gibt Ausnahmen: In Neuenhagen (Märkisch-Oderland) verhinderte ein System zur Neutralisierung des Gases, dass der Geldautomat explodierte. Zum Teil gibt es in Brandenburg auch schon Farbpatronen, die bei der Zerstörung der Automaten das erbeutete Geld unbrauchbar machen. Wie etwa in Forst (Spree-Neiße), wo für die Täter Anfang August die Beute nutzlos war.
Der Polizeipräsident appelliert nun erneut an die Geldinstitute in Brandenburg, selbst mehr für die Sicherheit an ihren Bankautomaten vor allem in ländlichen Regionen zu sorgen. Noch für den Herbst ist ein Treffen der Polizei mit Vertretern der Banken mit Filialen im Land vereinbart. Bei den Sicherheitsmaßnahmen „erwarten wir etwas mehr von den Banken“, sagte Mörke. Es gebe immer noch Standorte ohne Überwachungskamera. Oder die Geräte sind so veraltet, dass sie keine brauchbaren Fahndungsbilder liefern.
Immerhin gibt es auch gute Nachrichten: Die Polizei registriert weniger klassische Banküberfälle. Immer seltener rücken Banden mit Pistolen oder Maschinenpistolen an, um Banken auszurauben. Noch Mitte der 2000er-Jahre gab es 60 bis 70 Banküberfälle pro Jahr. Doch die Geldinstitute haben nachgesteuert, die Sicherheitsvorkehrungen verstärkt – mit Alarmknöpfen an den Schaltern und der gestückelten Ausgabe von Bargeld. Zuletzt zählte die Polizei deshalb gerade einmal eine Handvoll Raubüberfälle auf Banken im Jahr. Alexander Fröhlich
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