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Brandenburg: Lärmschutz: BER bessert nach – aber nicht komplett Brandenburg setzt Kompromisslösung durch – aber nicht die strengen Gerichtsvorgaben um

Schönefeld - Die Flughafengesellschaft Berlin Brandenburg (FBB) lenkt im Dauerstreit um den Schallschutz am künftigen Hauptstadt-Airport Willy Brandt in Schönefeld überraschend ein. Der Aufsichtsrat hat auf seiner Sitzung am Donnerstag beschlossen, dass das jüngste Urteil des Oberverwaltungsgerichtes Berlin Brandenburg (OVG) mit den dort formulierten strengen Standards zum Lärmschutz zwar weitgehend – aber immer noch nicht vollends umgesetzt wird.

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Schönefeld - Die Flughafengesellschaft Berlin Brandenburg (FBB) lenkt im Dauerstreit um den Schallschutz am künftigen Hauptstadt-Airport Willy Brandt in Schönefeld überraschend ein. Der Aufsichtsrat hat auf seiner Sitzung am Donnerstag beschlossen, dass das jüngste Urteil des Oberverwaltungsgerichtes Berlin Brandenburg (OVG) mit den dort formulierten strengen Standards zum Lärmschutz zwar weitgehend – aber immer noch nicht vollends umgesetzt wird. Dieser Schritt wird eine Aufstockung des bislang unterfinanzierten und von der FBB über Jahre zu gering ausgestatteten Schallschutzprogramms zur Folge haben. Zu den bisher dafür vorgesehenen nur 140 Millionen Euro kommen nach Schätzungen mindestens 400 Millionen Euro zugunsten von rund 25 000 betroffenen Familien hinzu. Das OVG hatte die bisherige Billig-Bewilligungspraxis des Flughafens als „systematischen“ Bruch des Planfeststellungsbeschlusses gerügt.

Wie Regierungschef Matthias Platzeck (SPD) auf der Pressekonferenz mitteilte, wird die bereits von der FBB eingereichte Klage gegen den Bescheid des brandenburgischen Infrastrukturministeriums vom 2. Juli 2012, das den Flughafen zur sofortigen Umsetzung des OVG-Urteils verpflichtet hatte, zurückgezogen. Auch der umstrittene sogenannte „Klarstellungsantrag“, mit dem der Flughafen den Planfeststellungsbeschluss in den Schallschutzauflagen zu Lasten der Anwohner verschlechtern wollte, ist nach Platzecks Worten vom Tisch. Noch auf der letzten Sitzung des Aufsichtsrats war Brandenburg mit diesem Anliegen am Veto Berlins und des Bundes gescheitert.

Den Weg dafür, dass der Bund und Berlin in der Sitzung ihren bisherigen Widerstand gegen eine Aufstockung der Schallschutzmittel aufgaben und der „Richtungsentscheidung“ zustimmten, hatte quasi in letzter Minute das brandenburgische Infrastrukturministerium mit einer „Klarstellung“ freigemacht. Von der im Ministerium angesiedelten Planfeststelllungsbehörde wird der Flughafen nicht verpflichtet, die strenge OVG-Auslegung umzusetzen. Diese sah keine einzige Überschreitung des Zimmerlautstärkepegels von 55 Dezibel als zulässig an, wodurch der bislang unterfinanzierte Schallschutzetat von 140 Millionen Euro um 591 Millionen Euro hätte aufgestockt werden müssen. Stattdessen hält die Planfeststellungsbehörde jetzt in ihrer Klarstellung täglich bis zu 0,5 Überschreitungen für rechtskonform und durch das OVG-Urteil gedeckt.

Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) sprach von einem Durchbruch für die Anwohner. „Wir gewähleisten in der Umgebung des Flughafens einen excellenten Schallschutz“, sagte Platzeck. Und zwar einen, „wie an keinem anderen Flughafen in Deutschland, womöglich in der Welt“. Dies sei ein wichtiger Beitrag „für eine gute Nachbarschaft“ rund um den Flughafen. Flughafenchef Rainer Schwarz kündigte an, dass die FBB zur Umsetzung ihr von Peter Lehmann geleitetes Schallschutzteam aufstocken, eine Infocenter einrichten und Bürgersprechstunden für Anwohner abhalten wird.

Ob Bürgerinitiativen und Anrainer diese Linie auch akzeptieren werden, ist allerdings wegen der Abweichung vom strengen und vom OVG vorgegebenen Standard – wonach es keine Pegelüberschreitungen im Hausinnern geben darf – ungewiss. Der Würzburger Anwalt Wolfgang Baumann, der eine Reihe von Anrainern vertritt, hatte bereits im Vorfeld vor einer Aushöhlung der OVG-Vorgaben und einer Fortsetzung des Betruges an den Anwohnern gewarnt. „Dies wäre zynisch und ein Skandal“, hatte er gesagt.

Dagegen betonte Platzeck nach der Sitzung des Aufsichtsrates am Donnerstagabend, dass es einen Standard von 0,0 Dezibel nirgendwo gäbe. Auf den Kompromiss, mit dem sich Platzeck und die anderen Brandenburger Vertreter weitgehend durchsetzten, hatten sich die Gesellschafter des Flughafens, als die Länder Berlin, Brandenburg und der Bund, nach monatelangem Poker erst unmittelbar vor der Sitzung des Aufsichtsrates verständigt. Der Lärmschutz gilt als Achillesferse für Platzecks Glaubwürdigkeit in der Region rund um den neuen Flughafen.

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