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Brandenburg: Legionellen: Krankenhaus war ohne Schutz

Rhön-Klinikum macht „unwirksame Desinfektionsanlage“ für Erkrankungen verantwortlich

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Rhön-Klinikum macht „unwirksame Desinfektionsanlage“ für Erkrankungen verantwortlich Von Ingo Bach Frankfurt (Oder). In der Affäre um die Ausbrüche der gefährlichen Legionärskrankheit in Frankfurt (Oder) hat das Rhön-Klinikum, zu dem das Frankfurter Krankenhaus gehört, jetzt zugegeben, dass es in dem betroffenen Bettenhaus fünf Monate lang bis Ende März keine funktionierende Anlage zur Legionellenbekämpfung gab. Zwar sei von dem für die Projektierung des neuen Bettenhauses zuständigen Planungsbüro ein spezielles Desinfektionsgerät eingebaut worden. Dabei handelt es sich um ein Elektrolysegerät, das das natürlich im Wasser vorkommende Chlorsalz elektrisch aufspaltet und so das Chlor zur Bekämpfung der Keime aktiviert. Doch sei diese Technik gegen die ausdrückliche Empfehlung des Rhön-Klinikums in Betrieb genommen worden, heißt es in einem Schreiben der fränkischen Konzernspitze an den Frankfurter Oberbürgermeister Martin Patzelt, das dem Tagesspiegel vorliegt. Rhöns Begründung: Die Elektrolyseanlage sei gegen Legionellen nicht wirksam. Und man könne auch nicht ausschließen, dass das Gerät die Ausbreitung der Bakterien sogar begünstige. Stattdessen habe Rhön eine thermische Trinkwasserdesinfektion gefordert, das heißt, eine Erwärmung des Trinkwassers auf 58 bis 60 Grad Celsius. Bei diesen Temperaturen sterben die Legionellen ab. Doch auf eine solche Technik sei schon während der vom Frankfurter Ingenieurbüro „aib“ im Auftrag der Stadt geleiteten Bauphase des Bettenhauses verzichtet worden. „Nach unseren bisherigen Ermittlungen waren dafür wirtschaftliche Gründe maßgeblich“, schreibt Rhön, „weil man sich erhoffte, damit auf erhöhte Warmwassertemperaturen verzichten zu können.“ Denn das Aufheizen der Trinkwasserrohre ist energieintensiv und damit teuer. Rhön habe seine Empfehlung aber nicht durchsetzen können, da das Frankfurter Klinikum autonom handele – obwohl es zum Konzernverbund gehört. Gleichzeitig räumt die Konzernspitze aber ein, dass man selbst das Krankenhaus nach der Übernahme 2002 „dringend gebeten habe, die in großer Zahl vorhandenen Möglichkeiten zur Energieeinsparung zu nutzen.“ Im Vergleich zu anderen Kliniken sei der Energieverbrauch weit überhöht gewesen, heißt es in dem Schreiben. Das Bettenhaus, in dem im Januar und im Juli mindestens zwölf Menschen an der Legionellose erkrankten und mittlerweile drei daran verstarben, war erst im November 2002 bezogen worden. Nach dem ersten Ausbruch der Krankheit war die Elektrolyseanlage am 6. und 9. Januar angefahren worden. Acht Wochen später wurde sie schon wieder abgeschaltet. Seit Ende März wird das Wasser in Frankfurt thermisch entkeimt, seit Ende Juli, nach dem zweiten Ausbruch der Legionellose, zusätzlich auch noch mit Chlordioxid desinfiziert. Der Hersteller der Elektrolyseanlage, die Ludwigsfelder Firma „Aqua-Butzke“, weist die Vorwürfe zurück. Es bestehe kein Zusammenhang zwischen den Erkrankungen und der Elektrolyseanlage, sagt Rolf Jacobs, Marketingleiter des Unternehmens. Das Wassersystem im Frankfurter Klinikum sei schon vor der Inbetriebnahme der Elektrolyse mit Legionellen kontaminiert gewesen. Auch die für Gesundheit zuständige Frankfurter Bürgermeisterin Katja Wolle kündigte Widerspruch gegen das Rhön-Schreiben an. Man müsse es aber zunächst intensiv prüfen, sagte sie dem „Tagesspiegel“. Das Architekturbüro „aib“, dass das Krankenhaus projektiert hat, lehnte gestern eine Stellungnahme zu den von Rhön erhobenen Vorwürfen ab.

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