Brandenburg: Lehrerstudium als Notausstieg
Linke drängen auf solide Reform der Lehrerausbildung im Land / Fahrplan von Bildungsministerin Martina Münch (SPD) wackelt
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Potsdam - Brandenburgs Linke fürchten einen Schnellschuss bei der dringend nötigen Reform der Lehrer-Ausbildung, die Bildungsministerin Martina Münch (SPD) gerade vorbereitet. Nach PNN-Informationen drängt der Juniorpartner in der rot-roten Koalition jetzt intern auf Nachbesserungen, weil die Experten der Fraktion das von Münch als Entwurf vorgelegte „Gesamtkonzept“ zur Lehramtsausbildung in Brandenburg für unausgereift halten. Etwa, weil aus Sicht der Linken klare Aussagen zu den allein bis 2014 dringend benötigten 660 Sonderpädagogen oder zu Berufsschullehrern fehlen.
Damit gerät der von Münch erst vor wenigen Wochen öffentlich verkündete ehrgeizige Fahrplan für die Reform der Lehrerbildung in Gefahr. Eigentlich wollte Münch das Konzept im Herbst vorlegen, damit das novellierte Lehrerbildungsgesetz im Herbst 2013 in Kraft treten kann. Deshalb sollte das Konzept zur Lehramtsausbildung schon kommende Woche im Bildungsausschuss beraten werden. Wenn sich die Koalitionäre nicht einigen, wird es dem Vernehmen nach wohl von der Tagesordnung genommen. Die Linken halten die Verabschiedung eines soliden Gesetzes vor 2013 für unrealistisch.
Es geht um ein drängendes Problem, da Brandenburg – mit einer der ältesten Lehrerschaft der Bundesrepublik – in den Folgejahren tausende junge Lehrer braucht. Erst am Donnerstag hatte der Landtag das neue „Schulressourcenkonzept“ für die nächsten Jahre debattiert, also die Personalplanung für das Bildungssystem. Danach kann/muss Brandenburg allein bis zum Ende der Legislaturperiode 2014 rund 2000 neue Lehrer einstellen, fast doppelt so viel wie nach bisherigen Planungen, um Altersabgänge auszugleichen. Sonst drohen größere Klassen und ein Bruch des rot-roten Koalitionsvertrages, der das Lehrer-Schüler-Verhältnis (1:15,4) festschreibt. Doch bei der vor allem an der Potsdamer Universität konzentrierten Lehrerausbildung – mit jährlich 700, künftig 900 Absolventen – gibt es Modernisierungsbedarf. Zudem beginnen zu viele ein Pädagogikstudium, die von vornherein nicht geeignet sind. Brandenburg ist da aus Sicht des Ministeriums keine Ausnahme, wie aus dem Konzept hervorgeht. „Eine systematische und verpflichtende Form zur Überprüfung der allgemeinen beruflichen Eignung vor Aufnahme des Lehramtsstudiums erfolgt im Land Brandenburg nicht.“ Künftig sollen, wie Münch bereits ankündigte, eine Art „Eignungstests“ eingeführt werden. Im Entwurf für das Gesamtkonzept werden die Zahlen einer Bundesstudie übernommen, wonach 27 Prozent (!) der Lehramtsstudenten „riskant Studierende“ sind, also Lehrer in spe wider Willen. Zitat: „Diese Gruppe schätzt ihre Befähigung zur Lehrerin bzw. zum Lehrer sowie ihre pädagogischen Kompetenzen selber sehr skeptisch ein.“ Und: „Das Lehramtsstudium stellt für sie in der Regel eine Notlösung mit Warteschleife zum Ausstieg dar“, heißt es. Gelinge der nicht, „so geraten diese Lehrkräfte sehr schnell an die Grenze ihrer Leistungsfähigkeit und können kaum mehr als 50 Prozent ihrer Arbeitskraft mobilisieren“. Nach Schätzungen, auch diese Zahl wird ausdrücklich im Münch-Papier zitiert, sind das derzeit etwa 20 bis 25 Prozent der im Schuldienst befindlichen Lehrkräfte Deutschlands. In Brandenburg wären das 3600 bis 4500 Lehrer, die nur bedingt einsatzfähig sind.
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