zum Hauptinhalt

Brandenburg schiebt Afghanen ab: Linke: Innenminister Schröter muss Landtagsbeschluss befolgen

Potsdam- Trotz eines Beschlusses des Landtags Brandenburg für ein Bleiberecht für Flüchtlinge aus Afghanistan ist nun ein Afghane abgeschoben worden. Er war am Montagabend mit einem Sammeltransport von Bayern aus abgeschoben worden.

Stand:

Potsdam- Trotz eines Beschlusses des Landtags Brandenburg für ein Bleiberecht für Flüchtlinge aus Afghanistan ist nun ein Afghane abgeschoben worden. Er war am Montagabend mit einem Sammeltransport von Bayern aus abgeschoben worden. Bei den 15 Abgeschobenen handelte es sich ausnahmslos um alleinstehende Männer, teilte das bayerische Innenministerium mit. Neben Bayern und Brandenburg beteiligten sich an der Rückführung Baden-Württemberg, Hamburg, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern und Rheinland-Pfalz. Seit Mitte Dezember wurden bei vier Sammelabschiebungen insgesamt 93 abgelehnte Asylbewerber aus Deutschland nach Afghanistan geflogen.

Brandenburgs Landtag hatte Anfang März mit rot-roter Mehrheit die Landesregierung aufgefordert, alles zu tun, um Geflüchteten aus Afghanistan ein Bleiberecht zu gewähren. Demnach sollten Ermessensspielräume im Aufenthaltsrecht genutzt und vor jeder Abschiebung geprüft werden, ob eine besondere Schutzbedürftigkeit besteht. Zugleich hatte der Landtag in seinem Beschluss die Bundesregierung aufgefordert, ihre Einschätzung der Sicherheitslage in Afghanistan zu überprüfen. Doch geschehen ist seither nichts. Das zeigt der aktuelle Fall – der für die rot-rote Koalition Konfliktpotenzial besonders mit Innenminister Karl-Heinz Schröter (SPD) birgt. Die flüchtlingspolitische Sprecherin der Linke-Landtagsfraktion, Andrea Johlige, forderte den Innenminister auf, den Landtagsbeschluss umzusetzen.

Der betroffene Afghane lebte in Brandenburg/Havel. Der Asylantrag war vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge abgelehnt worden. Die Ausländerbehörde der kreisfreien Stadt musste nun die Ausreise anordnen. Dagegen beantragte der Afghane vor dem Verwaltungsgericht Potsdam Eilrechtsschutz. Das Gericht lehnte jedoch ab. Damit war der Rechtsweg ausgereizt. Eine Anordnung des Innenministeriums an die Ausländerbehörde in Brandenburg/Havel über ein Abschiebestopp für Afghanen gab es bis Dienstag jedoch nicht. Das sagte ein Sprecher der Stadtverwaltung den PNN.

Insbesondere die Linke in der rot-roten Koalition lehnt Abschiebungen nach Afghanistan ab. Die sind umstritten, weil sich in Afghanistan der Konflikt zwischen Regierung und den radikalislamischen Taliban verschärft und es landesweit Gefechte und Anschläge gibt. Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) sagte dagegen am Montag, „die Bewertung der aktuellen Sicherheitslage“ durch Bundesinnenministerium und Auswärtiges Amt sei unverändert. Sie lasse Rückführungen in gesicherte afghanische Provinzen zu. In Kabul, wo viele Abgeschobene zunächst bleiben, gab es seit Jahresbeginn fünf große Anschläge mit mindestens 132 Toten und mindestens 347 Verletzten. Aus Brandenburg wurden im vergangenen Jahr 14 Afghanen ausgewiesen. 154 Afghanen seien 2016 freiwillig wieder in ihre Heimat zurückgekehrt, 104 davon mit finanzieller Förderung.

Die flüchtlingspolitische Sprecherin der Linke-Landtagsfraktion, Andrea Johlige, sagte am Dienstag: „Es bleibt dabei: Afghanistan ist nicht sicher. Es darf keine Abschiebungen in ein Kriegsgebiet geben.“ Der Fall des jungen Afghanen aus Brandenburg/Havel zeige, wie nötig ein bundesweiter Abschiebestopp sei. Die Bundesregierung müsse ihre menschenverachtende Politik der Sammelabschiebungen nach Afghanistan aufgeben. Brandenburgs Ausländerbehörden dürften sich nicht an diesen Sammeltransporten beteiligen. Linke-Landesgeschäftsführerin Anja Mayer wittert sogar Wahlkampf. Trotz Landtagsbeschluss schiebe „das CDU-geführte Brandenburg/Havel einen gut integrierten Afghanen direkt von seinem Arbeitsplatz unter Berufung auf Bundesgesetzgebung ab“. Alexander Fröhlich (mit AFP/dpa)

Alexander Fröhlich (mit AFP, dpa)

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })