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Richtungstreit: Linke-Landtagsfraktion: Luthardt droht mit Austritt
Brandenburgs Linke steckt in der Energiekrise. Abgeordnete und Minister wollen den internen Konflikt um die Energiepolitik austragen – mit allen Konsequenzen.
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Potsdam - Der am Montag bei der Linken eskalierte Streit um die Energie- und Klimapolitik zwischen Wirtschaftsminister Ralf Christoffers Umweltministerin Anita Tack (beide Linke) droht nun vor der nächsten Linke-Fraktionssitzung am Dienstag vollends außer Kontrolle zu geraten. Wie innerhalb der Fraktion und unter den Linke-Ministern noch eine gemeinsame Linie zur Zukunft der Braunkohle gefunden werden soll, weiß in der Partei derzeit keiner. „Der Richtungstreit ist voll entbrannt – aber ein Vermittler nicht in Sicht“, sagte ein ranghoher Linker.
Einzelne Abgeordnete drohen gar offen damit, der Fraktion den Rücken zu kehren. Wie es aus Abgeordnetenkreisen hieß, würde etwa die Hälfte der Abgeordneten Christoffers’ Linie nicht mittragen. Die ist allerdings genau die von Regierungschef Matthias Platzeck (SPD), der auch den Neubau von Kohlekraftwerken in Brandenburg ohne die sogenannte CCS-Technik zulassen will.
Doch in der Fraktion beharren viele Abgeordnete wie auch Tack auf dem Koalitionsvertrag. Demnach dürften „neue Braunkohlekraftwerke ab 2020 nur bei drastischer Reduktion des CO2-Ausstoßes genehmigt“ werden. Michael-Egidius Luthardt gilt als der profilierteste Wortführer einer Gruppe von Fraktionsmitgliedern, die auf der Einhaltung des Koalitionsvertrages bestehen. „Schon das war verglichen mit unserem Wahlprogramm ein Kompromiss, den ich noch mittrage, obwohl ich auf dem Parteitag dagegen gestimmt habe“, sagte er. „In einer Fraktion, die jetzt die Klimaschutzziele aufgeben würde, fühle ich mich nicht mehr aufgehoben“, so der Abgeordnete weiter.
Und Luthardt steht nicht allein. Auch der Abgeordnete Peer Jürgens, Linke- Kreischef von Oder-Spree, sprach sich klar gegen einen Neubau des Kohlekraftwerks in Jänschwalde aus. Jürgens räumte erhebliche Spannungen in Fraktion und Partei ein. „Es spitzt sich jetzt alles zu. Es läuft darauf hinaus, dass der Parteitag im Februar eine Entscheidung treffen muss.“ Zumal das Kabinett im Januar Eckpunkte der Energiestrategie vorlegen will. „Dieser Konflikt muss ausgetragen werden“, so Jürgens.
Tack und Christoffers waren, wie berichtet, am Montag in der Sitzung der Fraktionsspitze heftig aneinandergeraten und hatten sich lautstarke Wortgefechte geliefert – sich angebrüllt, wie Teilnehmer der Runde übereinstimmend berichten. „Es war teilweise unerträglich“, so ein Augenzeuge. Es blieb dabei: Tack will nicht von den Klimaschutzzielen abrücken, die den Neubau von Kohlekraftwerken faktisch ausschließen. Christoffers will der weiteren Braunkohleverstromung und damit dem Neubau eines Kraftwerks in Jänschwalde ab 2025 auch ohne CCS-Technologie zur unterirdischen Speicherung von Kohlendioxid (CO2) zumindest eine Chance geben.
Die Abgeordnete Carolin Steinmetzer-Mann aus dem Elbe-Elster-Kreis sagte – ähnlich wie ihre Kollegin Birgit Wöllert –, dass der Koalitionsvertrag nicht mit einer Energiestrategie vereinbar ist, die den Neubau eines konventionell betriebenen Braunkohlekraftwerks ermöglicht. „Wir werden von den Sozialdemokraten zuweilen darauf hingewiesen, dass die geschlossenen Vereinbarungen bindend sind. Das gilt dann auch in der Energiepolitik für beide Seiten“, sagte Steinmetzer-Mann, die vor der letzten Landtagswahl engagiert für einen Ausstieg aus der Braunkohle gekämpft hatte.
Thomas Domres, energiepolitischer Sprecher der Fraktion und sowohl mit Tack als auch mit Christoffers nicht unvertraut, sucht in der, wie er zugibt, schwierigen Situation für Fraktion und Partei nach einem Ausgleich. „Wir können nicht wissen, was 2025 oder 2030 sein wird. Unsere Aufgabe ist es, jetzt Perspektiven aufzuzeigen und einen Weg zu beschreiben, wie wir die Klimaschutzziele erreichen wollen.“
Um in der internen Zerreißprobe zumindest etwas Druck rauslassen zu können, verweisen führende Linke auf den Koalitionspartner; genauer auf Regierungschef Platzeck: Der habe denStreit bei den Linken um die Energiepolitik befeuert, als er nun Vattenfall in einem Interview zugestand, ein als CCS-Kraftwerk geplanten Neubau in Jänschwalde auch ohne die CO2-Filteranlagen zu bauen.
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