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Von Matthias Matern: Linke lassen Christoffers im Stich
Christian Görke: Verkürzung des Klagewegs ist „nicht zielführend“/ SPD fordert Unterstützung
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Potsdam - Die Linke-Fraktion im brandenburgischen Landtag verweigert ihrem Parteigenossen und Wirtschaftsminister Ralf Christoffers offen die Gefolgschaft und will somit offenbar die Umsetzung der CCS-Technologie im Land Brandenburg gegen die Wand fahren lassen. „Der Vorschlag, den Klageweg zu verkürzen ist nicht zielführend und nicht geeignet, um mehr Akzeptanz in der Bevölkerung zu erreichen“, sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der Linke-Fraktion, Christian Görke, am Dienstag in Potsdam. Auch andere Mitglieder in der Fraktion würden diese Ansicht teilen, ergänzte Görke.
Wie berichtet, hatte zuvor Wirtschaftsminister Christoffers Änderungen an dem derzeit vorliegenden Entwurf der Bundesregierung für ein Gesetz zur CCS-Technologie (Carbon Capture and Storage) gefordert, das die unterirdische Speicherung von Kohlendioxid ermöglichen soll. Wegen der Befürchtung des Ministers, Klagen gegen das umstrittene Vorhaben des Energiekonzerns Vattenfall im Land könnten aus Zeitgründen das Projekt platzen lassen, hatte er bereits in der vergangenen Woche in einem Hintergrundgespräch mit der Presse angekündigt, den Klageweg verkürzen lassen zu wollen. Anstatt der üblichen drei Instanzen Verwaltungsgericht, Oberverwaltungsgericht und Bundesverwaltungsgericht, sollten für CCS-Vorhaben Klagen gleich vor dem Oberverwaltungsgericht landen. Selbst dann sei die von Vattenfall geplante Demonstrationsanlage in Jänschwalde (Spree-Neiße) noch gefährdet, führte der Minister aus. Damit der Konzern die genehmigten 180 Millionen Euro Fördermittel der EU erhält, muss die komplette Anlage spätestens 2015 in Betrieb gehen.
Innerhalb der Linken aber ist die CCS-Technologie umstritten. Immer wieder hatten sich prominente Linke-Bundestagsabgeordnete wie Dagmar Enkelmann oder jüngst Wolfgang Neskovic gegen die CO2-Verpressung ausgesprochen. „Die Meinung von Neskovic ist nicht mehrheitsfähig“, sagte dazu gestern Christian Görke. Doch auch die Linke in Brandenburg machte zumindest noch bis zur Landtagswahl im vergangenen Jahr kräftig Stimmung gegen CCS. „Zu teuer, zu energieaufwändig, unklare Risiken“, sagte etwa Brandenburgs Fraktionschefin Kerstin Kaiser noch im September kurz vor der Wahl der Zeitschrift Superillu. Weil aber der Koalitionspartner SPD unbedingt an der Braunkohleverstromung festhalten will, der Klimaziele des Landes wegen neue Kraftwerke jedoch nur im Zusammenhang mit CCS zulassen kann, musste die Linke in den sauren Apfel beißen. Durch den nun vorliegenden Entwurf aus Berlin jedoch bietet sich plötzlich die Chance, die Speicherprojekte sterben zu lassen, damit vergrätzte Stammwähler zu versöhnen, ohne dabei aber offen gegen den Koalitionsvertrag zu verstoßen. Auf die Frage, ob die Linke-Fraktion geschlossen hinter der Kohlendioxid-Verpressung stehe, sagte Görke gestern ausweichend: „Wir stehen geschlossen hinter dem Koalitionsvertrag.“ Dort aber heißt es: „Die Sicherheit der Bevölkerung muss dabei oberste Priorität haben.“ „Zur Sicherheit gehört für uns aber auch die Rechtssicherheit“, schob der Parlamentarische Geschäftsführer der Linken nach.
Die SPD erhob gestern bereits warnend den Zeigefinger. „Ich teile die Einschätzung des Wirtschaftsministers. Ein zweistufiges Verfahren bietet eine ausreichende Bürgerbeteiligung“, sagte SPD-Fraktionsmitglied Reinhold Dellmann. „Ich erwarte, dass die Linke-Fraktion klar den Wirtschaftsminister in seiner Position unterstützt“, so Dellmann.
Für Steeven Bretz, energiepolitischer Sprecher der CDU-Fraktion im Landtag, ist die Absicht der Linken jetzt „offenkundig“. „Ich vermute seit Langem, dass die Linke CCS an die Wand fahren lassen will“, sagte Bretz gestern. Kritik übte er aber auch an Christoffers. Die Bundesregierung habe einen Entwurf „mit Augenmaß“ vorgelegt. Christoffers Befürchtungen zu angeblich absehbaren Verzögerungen durch Klagen seien „reine Rhetorik“.
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