Brandenburg: Lychener Wiederauferstehung
CDU-Mann entdeckte wertvolle mittelalterliche Heiligenfigur
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Lychen - Eigentlich war Henryk Wichmann nur auf der Suche nach dem Zugang zu einer alten Gruft, gefunden hat er stattdessen eine zerstört geglaubte mittelalterliche Darstellung der heiligen Jungfrau Maria mit dem vom Kreuz genommenen Leichnam Jesus Christus. Die sogenannte Pietá aus dem Jahr 1460 hing vermutlich bis zur Reformation im 16. Jahrhundert in der Dorfkirche von Lychen (Uckermark). Anfang des 20. Jahrhunderts geriet ihre Existenz dann in Vergessenheit. Es wurde angenommen, sie sei einem Brand zum Opfer gefallen war. „Die Pietà ist deshalb so wertvoll, weil erstens keiner wusste, dass es sie noch gibt, und sie zudem der letzte mittelalterliche Gegenstand aus der Kirche ist“, freut sich der CDU-Landtagsabgeordnete und Lychener Gemeindekirchenratsvorsitzende Wichmann.
In der Hand gehalten oder angefasst hat Wichmann die wertvolle Figur allerdings bislang noch nicht. Gefunden hat er sie nur in den alten Lychener Kirchenbüchern. Besser gesagt weiß Wichmann jetzt, dass die Figur Ende des 19. Jahrhunderts aus purer Geldnot für schlappe 30 Reichsmark an das Märkische Museum in Berlin verkauft worden ist und heute im Depot des Museums in Berlin-Spandau steht. „Ich suchte den Zugang zu einer Gruft unter unserer Kirche und stöberte in alten Bauakten“, sagte Wichmann. Die Krypta finde Erwähnung in der Kirchenchronik, möglicherweise seien dort sogar die Pfarrer der Gemeinde seit dem 13. Jahrhundert beerdigt, meint der Landespolitiker. „Die Kirche wurde bereits 1248 gebaut, brannte Ende des 17. Jahrhunderts allerdings komplett aus. 1891 wurde der Innenraum dann komplett umgestaltet.“
Statt auf einen Hinweis, wie man in die geheimnisvolle Krypta gelangt, stieß Wichmann auf Briefe von Mitarbeitern des damaligen Berliner Provinzialmuseums, verfasst in der alten Sütterlinschrift. „Bei der Entzifferung half mein 89 Jahre alter Opa, der die Handschrift noch lesen kann“, sagte Wichmann. In dem Schreiben ging es um den Verkauf der Pietà. Ein Anruf im Museum brachte dem uckermärkischen Gemeindekirchenratsvorsitzende dann Gewissheit: Die Pietà ist nicht verbrannt oder geklaut oder sonst was, sondern existiert noch. „Ein bisschen kam ich mir vor wie Indiana Jones“, räumt Wichmann ein. Bislang sei er davon ausgegangen, dass die Pietà beim großen Stadtbrand von 1680 mit in Rauch aufgegangen sei. „Damals hatte ein französischer Mordbrenner drei märkische Städte in Brand gesteckt, darunter auch Lychen. Später ist er in Berlin zum Tode durch Feuer verurteilt, zuvor aber dreimal mit einer glühenden Zange gezwickt worden“, berichtet Wichmann.
Am kommenden Dienstag wird er Maria und Jesus aller Voraussicht nach erstmals in echt bestaunen können. „Ich habe einen Termin im Depot ausgemacht“, bestätigt Wichmann. Laut Musem handelt es sich bei der Lychener Figur um die einzige erhaltene mittelalterliche Pietà aus dem nordostdeutschen und pommerschen Raum. „Ein bisschen aufgeregt bin ich schon“, gesteht Wichmann.
Mitnehmen wird er die heilige Jungfrau und ihren Sohn natürlich noch nicht dürfen, dabei will der CDU-Mann die beiden gerne als Dauerleihgabe wieder nach Lychen holen. Zumal die Kirche gerade erst für 800 000 Euro aufwendig saniert wurde, was ebenfalls am Dienstag in Lychen ordentlich gefeiert werden soll. Im Märkischen Museum aber tritt man erst mal auf die Bremse. Wie es weitergehe, müsse nun in Ruhe besprochen werden, heißt es dort. Ganz auf die beiden Wiederentdeckten müssen die Lychener aber wohl nicht verzichten. „Ich habe ein großes Foto auf Leinwand in Auftrag geben. Das soll am Dienstag in der Kirche aufgehangen werden“, sagt Wichemann. Matthias Matern
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