Brandenburg: Märker lehnen Reformen ab
Neue Umfrage: Unter allen Bundesländern geringste Bereitschaft für nötige Veränderungen
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Neue Umfrage: Unter allen Bundesländern geringste Bereitschaft für nötige Veränderungen Von Michael Mara und Thorsten Metzner Potsdam. Die Brandenburger sind die reformunwilligsten Deutschen. Nur 11,3 Prozent der Einwohner sind reformwillig, das ist der letzte Platz im Vergleich der deutschen Länder. Hingegen sind in Niedersachsen und Schleswig-Holstein 35 beziehungsweise 32 Prozent der Bevölkerung aufgeschlossen für Reformen. Das ermittelte das Institut für Demoskopie Allensbach im Rahmen der bislang umfassendsten Studie über die Reformbereitschaft der Deutschen. Die Umfragewerte sind vor allem für die märkische SPD brisant, finden doch im Oktober Kommunalwahlen in Brandenburg statt. Die Sozialdemokraten rechnen wegen des Bundestrends mit erheblichen Verlusten. SPD-Chef Matthias Platzeck ließ gegenüber den PNN keinen Zweifel daran, dass die aktuellen Bundesthemen, also die Reformen, „die entscheidende Rolle“ beim Wahlergebnis spielen würden: „Brandenburg liegt auf keinem anderen Stern.“ In gewisser Hinsicht allerdings doch, denn die Abneigung gegen Reformen ist hier noch stärker ausgeprägt als in den anderen ostdeutschen Länder: Thüringen (13,6 Prozent Reformwillige), Sachsen (15,5), Mecklenburg-Vorpommern (16,6) und Sachsen-Anhalt (17,1). Allensbach untersuchte nicht, warum die Brandenburger die reformunwilligsten Deutschen sind. Die Meinungsforscher kommen aber generell zu dem Schluß, dass die Ostdeutschen auch 13 Jahre nach der Einheit immer noch viel stärker auf die staatliche Fürsorge setzten als die Bewohner der westdeutschen Bundesländer. 50 Prozent der westdeutschen, aber nur 29 Prozent der ostdeutschen Bevölkerung sind der Auffassung, dass die jetzige Krisensituation es erfordert, Abstriche zu machen und Kürzungen bei den Sozialleistungen vorzunehmen. In Brandenburg ist diese Stimmung noch stärker ausgeprägt, wie das Allensbacher Institut gegenüber den PNN bestätigte: Rund 60 Prozent der Einwohner verlangen, dass es keine Abstriche an sozialen Errungenschaften und Leistungen, den Löhnen usw. geben dürfe. Nur ganze 24,5 Prozent akzeptieren, dass man in der gegenwärtigen Krise auch zu Opfern bereit sein muss. In Schleswig-Holstein würden mit rund 50 Prozent doppelt so viele Menschen Einschnitte akzeptieren. Aufschlussreich ist auch noch ein anderer Wert, der die besonderen Ängste der Brandenburger unterstreicht: Nur 12,3 Prozent verbinden mit den in den kommenden Jahren zu erwartenden Reformen Hoffnungen. Das ist der mit Abstand schlechteste Wert im Vergleich aller deutschen Länder. In Sachsen erwarten immerhin 23,1 Prozent von den Reformen Positives. Auf der anderen Seite lösen bei 76,6 Prozent der Brandenburger die Reformen Befürchtungen und Skepsis aus. CDU-Landeschef und Innenminister Jörg Schönbohm kommentierte die Umfrage-Ergebnisse so: Die Reformunwilligkeit der Ostdeutschen insgesamt habe mit den Umbrüchen und den damit verbundenen teils schlechten Erfahrungen zu tun. Die Leute seien „außer Atem“. Dass Brandenburg bei der Reformwilligkeit das deutsche Schlusslicht bilde, sei „Ausdruck der Staatsfürsorge nach der Wende, die sich in Regine Hildebrandt und Manfred Stolpe personifizierte“. Nicht ohne Grund habe Brandenburg lange Zeit als „kleine DDR“ gegolten. Es seien besondere große Erwartungen geschürt worden, um so schwerer falle jetzt der Abschied. SPD-Landesgeschäftsführer Klaus Ness widersprach: Bei der Reformunwilligkeit der Ostdeutschen gebe es nur graduelle Unterschiede. Allerdings müssten Reformen, da viele Umbrüche bisher keine Verbesserungen gebracht hätten, jetzt sehr genau begründet werden. Hier gebe es Defizite bei der Bundesregierung und der SPD, so Ness. Offenbar vor diesem Hintergrund betont die SPD neuerdings, dass das moderne Brandenburg „behutsam“ aufgebaut werden müsse.
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