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Millionengrab. Der neue Terminal am Flughafen Berlin Brandenburg (BER) in Schönefeld ist nur einer der Knackpunkte bei der Finanzierung des Flughafens.

© dpa

FLUGHAFENDESASTER: Markov bucht 435 Millionen Landesmittel für BER

Brandenburg stellt Landesanteil an 1,17 Milliarden Euro Mehrkosten beim Flughafen in Haushalt 2013/2014 ein, allein 218 Millionen für bislang fehlenden Schallschutz. Berlin und der Bund sind nicht begeistert. Nun ist klar, dass der Steuerzahler für das Fiasko zahlt

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Potsdam - Für das Milliarden-Fiasko um den Schönefelder Willy-Brandt-Flughafen wird vor allem der Steuerzahler aufkommen. Zumindest das Land Brandenburg stellt sich als erster Miteigentümer der Flughafengesellschaft (FBB), die auch Berlin und dem Bund gehört, jetzt bereits fest darauf ein und prescht vor: Nach PNN-Informationen sind im Entwurf für den Doppeletat 2013/2014, den Finanzminister Helmuth Markov (Linke) am kommenden Dienstag durch das rot-rote Kabinett von Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) bringen wird, für die Finanzierung des BER-Desasters 435 Millionen Euro fest eingeplant. 218 Millionen Euro davon sind als Landesanteil Brandenburgs für den bislang unterfinanzierten Schallschutz im Umfeld des BER vorgesehen. Der Bund und Berlin sind darüber nicht begeistert.

Es gehe um „realistische Risikovorsorge“, hieß es am Freitag in Regierungskreisen. Die 435 Millionen Euro entsprechen - nach dem Gesellschafteranteil von 37 Prozent - exakt dem vollen Anteil Brandenburgs an den wegen Verschiebung, Kostenexplosion und dramatisch unterfinanziertem Schallschutz jetzt kalkulierten Mehrausgaben von 1,17 Milliarden Euro, durch die der Aiport am Ende knapp 4,5 Milliarden Euro kosten wird, doppelt so viel wie 2007 geplant. Anders als Berlin hält es Brandenburg nicht für realistisch, nennenswerte Größenordnungen von der Flughafengesellschaft (FBB) selbst erwirtschaften zu lassen, zumal deren liquide Mittel schwinden. Zum anderen geht man fest davon aus, dass beim Schallschutz als Konsequenz aus dem Eil-Beschluss des Oberverwaltungsgerichtes Berlin-Brandenburg (OVG) der Spar-Etat von 157 Millionen Euro um 591 Millionen Euro aufgestockt werden muss.

Zwar wird die FBB gegen den Bescheid auf Grundlage des jüngsten Aufsichtsratsbeschlusses vor dem OLG die angekündigte Klage einreichen, was Sprecher Ralf Kunkel am Freitag bestätigte. Einzelheiten nannte er nicht. „Die Prüfung läuft.“ Doch diese Klage sei nach juristischer Prüfung ohnehin zum Scheitern verurteilt, heißt es in Brandenburg.

Hintergrund des Brandenburger Tempos: Es ist der letzte Haushalt vor der nächsten Landtagswahl 2014. Mit dem rechtzeitigen „Einbuchen“ des BER–Desasters wolle man das Thema rechtzeitig abräumen, einen Nachtragshaushalt und neue BER-Debatten vermeiden, heißt es. Im Gegensatz dazu setzt in Berlin der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) offenbar immer noch darauf, dass nur die Hälfte der Mehrausgaben für den Flughafen BER aus öffentlichen Mitteln beglichen werden muss, also von den Steuerzahlern: Dies hieße, dass die Flughafengesellschaft FBB von den 1,17 Milliarden Euro über 550 Millionen Euro selbst erwirtschaften müsste. Wowereit geht dem Vernehmen nach davon aus, dass der Berliner Haushalt nicht mit 435 Millionen Euro belastet werden muss. Es reiche aus, für 230 Millionen Euro Vorsorge zu treffen, sagte er in interner Runde. Der Regierende sprach allerdings von einer vorläufigen Schätzung.

Die Meinungen zum Vorgehen Brandenburgs sind in Berlin geteilt. „Die Brandenburger arbeiten mit einem Worst-Case-Szenario“, sagte der haushaltspolitische Sprecher und Geschäftsführer der SPD-Abgeordnetenhausfraktion, Torsten Schneider. Alle derzeit prognostizierten Mehrkosten, die auf das Land theoretisch zukommen könnten, würden als Risikovorsorge verbucht. „Das ist legitim, aber wir haben uns für ein anderes Vorgehen entschieden und brauchen dafür belastbare Zahlen.“ Die soll der Aufsichtsrat der Flughafengesellschaft im August liefern. Nach der Sommerpause wird Finanzsenator Ulrich Nußbaum den Koalitionsfraktionen SPD und CDU einen Vorschlag machen.

Wenn klar ist, dass die FBB noch im laufenden Jahr oder 2013 bares Geld braucht, wird Nußbaum einen Nachtragshaushalt vorlegen. Ansonsten könnte es reichen, die zusätzlichen Ausgaben für den Airport in die Finanzplanung bis 2016 einzupreisen, die im Herbst dieses Jahres vom Senat beschlossen wird. Und anschließend in den Etatentwurf für 2014/15, der voraussichtlich im Juni 2013 vorliegt. „Entscheidend ist, und dieses Ziel müssen alle drei Gesellschafter haben, dass der Flughafen jederzeit seine Verbindlichkeiten bedienen kann“, sagte Schneider den PNN. Unterdessen versucht der Flughafen, den nach der verschobenen Eröffnung gefeuerten Generalplaner für einen Teil der Kostensteigerungen haftbar zu machen. Die FBB hat beim Landgericht Potsdam Klage gegen die Planungsgemeinschaft BBI - aus den Büros J.S.K. International und Gerkan, Marg und Partner - eingereicht, wie Sprecher Kunkel am Freitag bestätigte. Weitere Einzelheiten nannte er nicht.

Doch es geht offenbar um „insbesondere die mangelhafte Koordinierung der Bauüberwachungsleistungen“ , was von der FBB als offizieller Grund der fristlosen Kündigung der PG bbi im Mai angegeben worden war. Das will man sich nun vom Gericht per Feststellungsklage bestätigen – als Voraussetzung für Schadenersatzprozesse. Die PG bbi war beim BER sowohl Planer als auch Bauüberwacher, wobei schon die Doppelrolle umstritten war. Dem Büro wird bei der Bauüberwachung angelastet, dass der Flughafen nach der Verschiebung plötzlich von einer Flut von Nachträgen von Baufirmen überrascht wurde, die unbearbeitet geblieben waren.

Doch auch Gerichtsverfahren um die Verantwortung für das BER-Fiasko kosten und machen den BER wieder teurer.

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