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Mit Hochdruck? Die Arbeiten im Terminal des neuen Hauptstadtflughafens BER in Schönefeld sind seit der geplatzten Eröffnung im Frühjahr 2012 kaum vorangekommen. Jetzt gibt es zumindest einen Plan zum Umbau der Entrauchungsanlage.

© Patrick Pleul/dpa

Brandenburg: „Mehdorn hat seine eigene Terminologie“

Anfang 2015 geht der Flughafengesellschaft das Geld für den BER in Schönefeld aus. Brandenburgs Aufsichtsratsmitglieder finden harte Worte für den Geschäftsführer

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Potsdam – Nach dem Schweigen des Aufsichtsrats zur Finanzlage beim Bauprojekt Hauptstadtflughafen BER in Schönefeld, sorgt Brandenburgs Landesregierung für Klarheit – auch ohne Flughafenchef Hartmut Mehdorn. Der hatte am Montagnachmittag wutentbrannt den BER-Sonderausschuss des Landtags verlassen, weil der von ihm wegen massiver Kritik entlassene Chef des Immobilienbereichs am BER, Harald Siegle, zu Gast war. Der Ausschuss tagte dann in der Nacht von 22.30 bis 1.45 Uhr am Dienstagmorgen, weil die Opposition statt Mehdorn alle Regierungsmitglieder mit Aufsichtsratsmandat in den Ausschuss zitierte. Finanzminister Christian Görke (Linke) war gerade erst in Düsseldorf gelandet, wo er an einer Sitzung der NRW-Bank teilnehmen wollte, die Mitgesellschafterin der Landesinvestitionsbank Brandenburgs ist – und musste wieder umdrehen.

Die scheinbar beiläufigen Äußerungen von Görke, Wirtschaftsminister Ralf Christoffers (Linke) und Flughafenstaatssekretär Rainer Bretschneider zur Finanzlage beim BER-Bauprojekt hatten es dann in der Nacht-Sitzung des Ausschusses aber in sich. Demnach reichen die Reserven der Flughafengesellschaft für den BER in diesem Jahr, doch 2015 geht das Geld nach etwa zweieinhalb Monaten aus. Flughafenstaatssekretär Rainer Bretschneider, Vize-Chef des Aufsichtsrats, sagte, der Wirtschaftsplan für 2014 umfasse 753 Millionen Euro. Der Aufsichtsrat habe der Geschäftsführung das Budget um 3 Millionen Euro gekürzt. Laut Finanzminister Christian Görke (Linke) bleibt aus dem Gesamtbudget von 4,2 Milliarden Euro für das Jahr 2015 noch ein Rest von 150 Millionen Euro. Dann ist auch der Ende 2012 bewilligte Zuschuss von 1,2 Milliarden Euro der drei Eigentümer – Berlin, Brandenburg und Bund – aufgebraucht.

Bretschneider und Görke erklärten, dass der von Mehdorn geforderte Zuschuss von 1,1 Milliarden Euro nicht valide begründet sei. Mit dem Geld will Mehdorn Mehrkosten für die Fertigstellung des BER, etwa durch den Umbau der Brandschutzanlage, und für den Schallschutz finanzieren. Wegen der Bedenken des Aufsichtsrats werden sich nun Projekt- und Finanzausschuss des Aufsichtsrats damit befassen, dort muss die Flughafengesellschaft ihren Kostenplan detailliert begründen.

„Ich habe eine klassische Vorstellung von einem klassischen Kostenplan“, sagte Bretschneider. „Hier sehe ich keinen. Herr Mehdorn hat seine eigene Terminologie. Mein Kostenplan ist es nicht.“ Mehdorn habe keine Zahlen vorgelegt, „die über den Tag hinaus Bestand haben“.

Görke erneuerte seine Forderung, dass die Flughafengesellschaft zunächst andere Finanzierungsquellen wie Bankenkredite anzapfen muss, bevor erneut Steuergeld in das Projekt fließt. „Wenn kein Gesamtfinanzierungskonzept vorliegt, dann sind die Banken reserviert“, sagt er. Die Flughafengesellschaft müsse daher erst einmal einen eigenen Beitrag leisten. Daher seien Fragen nach neuen Zuschüssen der Gesellschafter und einem Nachtragshaushalt in Brandenburg „ungelegte Eier“. Dies sei erst ein Thema, wenn klar sei, ob die Flughafengesellschaft neue Kredite bekommen könnte. „Dann ist kein Gang nach Brüssel nötig“, sagte Görke. Ein Beihilfeverfahren für die neuen Subventionen und die Zustimmung der Wettbewerbshüter der EU-Kommission wären dann nicht nötig.

Görkes Rat, zunächst ein seit Monaten gefordertes Gesamtfinanzierungskonzept vorzulegen, um an Kredite zu kommen, beeindruckt Mehdorn offenbar wenig. Vor seinem Abgang am Montagnachmittag sagte er der Nachrichtenagentur dpa auf die Frage, ob die Zeit bis zur nächsten turnusmäßigen Aufsichtsratsitzung Anfang Juli nicht knapp werde, weil die EU einen weiteren Zuschuss genehmigen müsste : „Hier hält sich ja niemand an Termine außer mir.“ Auch Bretschneiders Kritik an dem vom Aufsichtsrat kritisierten Zahlenwerk ficht Mehdorn nicht an. Den geforderten Kostenplan habe er am Freitag dem Aufsichtsrat vorgelegt, sagte der BER-Geschäftsführer.

Brandenburgs Aufsichtsräte machen jedenfalls Druck bei Mehdorn. Der hatte angekündigt, einen Kosten- und Terminplan Ende es Jahres vorzulegen. Wirtschaftsminister Ralf Christoffers (Linke) sagte, er dränge darauf, dass „Kostenklarheit und ein Termiplan“ noch vor der Landtagswahl stehen – also bis Mitte September.

CDU-Fraktionschef Michael Schierack dagegen erklärte, die rot-rote Landesregierung wolle ein Finanzkonzept erst nach der Landtagswahl im Herbst vorlegen. Die Union warf der Regierung vor, die wahren Kosten für den BER vertuschen zu wollen.

Durch das Pochen der Opposistion auf die Anwesenheit der Regierungsmitglieder mit Aufsichtsratsmandat war ein wichtige Tagesordnungspunkt der Ausschusssitzung entfallen. SPD-Fraktionschef Klaus Ness warf den Oppositionsfraktionen CDU, FPD und Bündnisgrünen „Klamauk“ vor. „Durch die Unterbrechung der Sitzung um mehrere Stunden auf Betreiben der Opposition wurde eine Chance vertan, von den Siemens-Vertretern Einzelheiten über die Brandschutzanlage am BER und die notwendigen Umbauarbeiten zu erfahren“, sagte Ness. Die Anhörung von Siemens soll nun am 12. Mai nachgeholt werden. Die Sitzung sei eine „Farce“ gewesen, kritisierte der Parlamentarische Geschäftsführer der CDU-Fraktion. „Es ist klar, dass das Geld nicht ausreicht, um den Flughafen fertigzustellen.“ (mit dpa)

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