Brandenburg: Mehdorn löst mit abruptem Abgang Eklat im Landtag aus Weil auch Minister im BER-Sonderausschuss fehlten, wurde Sitzung in die Nachtstunden vertagt
Potsdam - Der Hauptstadtflughafen wird nicht fertig, zusätzliches Geld von Steuerzahlern und öffentlicher Hand wird benötigt – dennoch behindern sich Flughafengesellschaft und Politik gegenseitig. Flughafenchef Hartmut Mehdorn sorgte am Montagnachmittag im BER-Sonderausschuss des Brandenburger Landtags für einen Eklat.
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Potsdam - Der Hauptstadtflughafen wird nicht fertig, zusätzliches Geld von Steuerzahlern und öffentlicher Hand wird benötigt – dennoch behindern sich Flughafengesellschaft und Politik gegenseitig. Flughafenchef Hartmut Mehdorn sorgte am Montagnachmittag im BER-Sonderausschuss des Brandenburger Landtags für einen Eklat. Noch vor Beginn der Ausschusssitzung verließen er und BER-Finanzchefin Heike Fölster den Landtag wieder.
Mehdorn ist nach seinem Autounfall Freitagnacht nach der Aufsichtsratssitzung der Flughafengesellschaft in Schönefeld wieder wohlauf und war gut gelaunt. Diesmal saß er nicht selbst hinterm Steuer, sondern ließ sich nach Potsdam chauffieren. Doch im Sitzungssaal des Landtags entdeckte Mehdorn dann Harald Siegle. Der war bis vor Kurzem Chef des Immobilien-Managements am BER und wurde von Mehdorn wegen eines Brandbriefes entlassen. Darin hatte Siegle – wie berichtet – den Aufsichtsrat gewarnt, eine Inbetriebnahme des Flughafens 2015 sei „äußerst unwahrscheinlich“ und eine Inbetriebnahme 2016 „akut gefährdet“. Am Montag sollte die Personalie diskutiert werden, auch die von Siegle genannten Details zu fehlenden Planungsunterlagen und der „einseitigen Orientierung“ Mehdorns auf die rasche Fertigstellung „ohne Rücksicht auf Planung, Dokumentation und Betrieb“. Siegle, der als Gast die Sitzung beobachten wollte, begründete gegenüber den PNN seinen Brief damit, dass ein Maß im Umgang mit ihm erreicht worden sei, das er nicht mehr hinnehmen wollte. Dies sei kein Bedenkenträgertum, wie es Mehdorn mehrfach gebrandtmarkt hatte. „Ich habe Verantwortung für meine Mitarbeiter und für den Bau. Deshalb bin ich in die Bütt gestiegen“, sagte er. Der Flughafen habe eine selbst für Bauleute trügerische Oberfläche, die Probleme lägen aber unter den Decken, an den Kabeltrassen und in der IT-Steuerung der Brandschutzanlage. Die Organisationsstruktur ungeeignet, um die Probleme zu bewältigen oder um belastbare Aussagen zu Termin und Kosten zu treffen.
Zwar konnte der Ausschuss nicht mehr mit Mehdorn über Siegles Rausschmiss sprechen, damit wird sich jetzt ein Arbeitsgericht befassen. Allerdings ließ Mehdorn einen Brief an den Aufsichtsrat da. Demnach seien Siegles Vorwürfe, es gebe keine Fortschritte auf der Baustelle, falsch. Und die von Siegle angeführten Probleme würden längst bearbeitet. Zudem wirft Mehdorn Siegle Halbwissen vor, mit dem er „der Flughafengesellschaft und den Gesellschaftern massiv geschadet“ habe. Siegle gehe es nur um seinen Posten, dabei habe er den nötigen Modernisierungsbedarf in der Flughafengesellschaft nicht wahrhaben wollen.
Mit seinem Abgang hat Mehdorn das Landesparlament düpiert, nicht das erste Mal. Gegenüber dem Flughafen-Geschäftsführer hat der Landtag kein Weisungsrecht, er kann Mehdorns Erscheinen nicht erzwingen. Dennoch wurde die Sitzung des BER-Sonderausschusses bis 22.30 Uhr unterbrochen. Obwohl Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) und Flughafenstaatssekretär Rainer Bretschneider, der Aufsichtsrats-Vize am BER ist, im Ausschuss waren, zitierte die Opposition die anderen beiden Aufsichtsräte Brandenburgs in den Ausschuss: Wirtschaftsminister Ralf Christoffers und Finanzminister Christian Görke (beide Linke) waren wegen anderer Termine verhindert. Görke musste nun eigens von einem Diensttermin in Düsseldorf, wo er gerade angekommen war, zurückfliegen. Er sollte über Mehdorns Forderungen nach neuen Zuschüssen in Höhe von 1,1 Milliarden Auskunft geben. Dabei hält selbst der Aufsichtsrat Mehdorns Zahlen nicht für valide. „Wen sollen wir denn zur Zukunft des Hauptstadtflughafens und den neuen Finanzforderungen befragen, wenn nur noch der Ministerpräsident, der nicht im Aufsichtsrat ist, hier seine Wahlkampfreden hält“, sagte FDP-Chef Gregor Beyer. „Es geht hier um weitere 500 Millionen Euro aus der Landeskasse“, sagte der Abgeordnete Christoph Schulze.
Die geladenen Gäste hatten dafür nur Kopfschütteln übrig. Erstmals sollten Vertreter von Siemens und der Flughafengesellschaft öffentlich und nicht wie am Freitag im Aufsichtsrat hinter verschlossenen Türen, erklären, wie groß die Probleme mit der Brandschutzanlage sind und welche Folgen das für eine Eröffnung des BER hat. Damit wäre auch klar geworden, wie weit die Positionen von Siemens und der Flughafengesellschaft auseinanderliegen.
Schon im Aufsichtsrat musste sich Mehdorn vorführen lassen, als das Gremium auf direkte Auskunft von Siemens pochte. Aber auch sonst läuft es nicht gut für Mehdorn, mehrere Ideen, wie etwa der Testbetrieb am Nordpier, wurden abgeschmettert. Nun stellt sich die Frage: Kein SXF für BER? Der Flughafen-Chef muss mit seinen Plänen, den alten Schönefelder Flughafen nach der Eröffnung des Hauptstadtflughafens weiterzubetreiben, noch einmal nachsitzen. Er ist mit seiner Idee am vergangenen Freitag im Aufsichtsrat der Flughafengesellschaft abgeblitzt. Dabei hatten alle Eigentümer der Flughafengesellschaft – also Berlin, Brandenburg und der Bund – die Überlegung, dauerhaft den alten DDR-Zentralflughafen als Abfertigungshalle des BER weiterzunutzen, zunächst als „charmant“ und praktikabel eingestuft. „Ja, ganz klar!“, sagte Staatssekretär Rainer Bomba (CDU) aus dem Bundesverkehrsministerium, der den Projektausschuss des Aufsichtsrats leitet, noch vor einem Monat. Doch wie mehrere Aufsichtsratsmitglieder den PNN sagten, besteht der Bund darauf, dass die Flughafengesellschaft die Verträge erfüllt. Soll heißen: Der Bund rückt von seinen Plänen für ein Regierungsterminal nicht ab und wird diese vorerst auch nicht ändern. Damit steht die Umsetzbarkeit von Mehdorns Idee grundsätzlich infrage. Er soll jetzt Kompromisslösungen ausarbeiten.
Von der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BIMA) heißt es dazu nur: Der Umzug der Flugbereitschaft nach Schönefeld-Alt hänge vom Terminplan für die Eröffnung des BER ab und setze entsprechende Infrastruktureinrichtungen zur Passagierabfertigung und Durchführung des Flugbetriebes voraus. „Mit diesen Baumaßnahmen kann erst nach Verlagerung des dortigen zivilen Flugbetriebs begonnen werden“, teilte ein Sprecher mit.
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