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Brandenburg: Mehr Kinder mit seelischen Störungen Brandenburgs Erstklässler sind alles andere als gesund

Potsdam - Jeder fünfte Brandenburger Erstklässler hat eine Sprach- und Sprechstörung. 8,2 Prozent der Sechsjährigen sind emotional oder sozial gestört.

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Potsdam - Jeder fünfte Brandenburger Erstklässler hat eine Sprach- und Sprechstörung. 8,2 Prozent der Sechsjährigen sind emotional oder sozial gestört. Und rund sechs Prozent aller Einzuschulenden haben eine Bewegungsstörung. Das haben die Schuleingangsuntersuchungen des Kinder- und Jugendgesundheitsdienstes, an denen jeder Schulanfänger teilnehmen muss, im vergangenen Jahr ergeben. Die Daten wurden von Gesundheitsministerin Anita Tack (Linke) am Rande der zweiten Kindergesundheitskonferenz Brandenburg am Mittwoch in Potsdam veröffentlicht.

Betroffen sind vor allem Kinder aus Familien mit niedrigem sozialen Status: Unter Sprachstörungen litten Kinder etwa von Hartz-IV-Empfängern mehr als dreimal so häufig wie Kinder aus Familien mit hohem Sozialstatus. Und in allen Fällen nehmen die Probleme zu: Bei den seelischen Störungen hat sich die Zahl der Befunde unter den Brandenburger Schulanfängern in den letzten zehn Jahren sogar mehr als verdoppelt – 2004 wurden sie nur bei 3,5 Prozent aller Einzuschulenden diagnostiziert. „Gerade Kinder aus sozial benachteiligten Familien bedürfen unserer besonderen Aufmerksamkeit“, sagte Tack vor Journalisten. „Wir wollen kein Kind zurücklassen.“ Doch die Lage vieler Familien ist prekär: Nach Angaben von Tack seien 21 Prozent aller Brandenburger Kinder, also mehr als jedes fünfte, von Armut bedroht. Dazu kommt ein fehlendes Interesse der Eltern an notwendiger Vorsorge: „Die Skepsis etwa gegenüber Impfungen wächst“, sagte der Chefarzt der Kinder- und Jugendmedizin am Cottbuser Carl-Thiem-Klinikum, Thomas Erler. Damit müsse man sich im Land intensiver als bisher auseinandersetzen. „Je geringer der Impfschutz ist, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass wir wieder mit Krankheiten konfrontiert werden, die wir in der Ausbildung zum Kinderarzt kaum noch kennenlernen.“

Doch Tack hatte auch Positives zu vermelden. Dem Einsatz des vor zehn Jahren gegründeten Bündnisses „Gesund aufwachsen in Brandenburg“ sei etwa zu verdanken, dass mittlerweile 86 Prozent aller Dreijährigen und 65 Prozent aller Fünfjährigen ein kariesfreies Gebiss hätten. 2004 waren es nur 77 Prozent aller Dreijährigen und 52 Prozent aller Fünfjährigen. „In den Kitas gehört das Zähneputzen mittlerweile zum Alltag dazu“, sagte Tack. Künftig will die Ministerin noch mehr Geld für Prävention ausgeben: Nach dem Vorbild Finnlands sollen an Schulen im Landkreis Oberspreewald-Lausitz sowie in den Städten Frankfurt (Oder) und Cottbus im Rahmen eines EU-geförderten Modellprojekts Schulkrankenschwestern eingesetzt werden, die sich um den Gesundheitszustand der Kinder und Jugendlichen kümmern sollen. „Wir müssen die Kinder, besonders die mit hohen Gesundheitsrisiken, dort erreichen, wo sie leben, zur Kita oder zur Schule gehen“, so Tack. Denn der Gesundheitszustand der Kinder und Jugendlichen im Land lässt insgesamt weiter zu wünschen übrig. Axel Anders

Axel Anders

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