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Brandenburg: Mehr Polizei, mehr Personal

Drogenhandel und Fluchtversuch: Berlin reagiert auf Vorfälle in Haftanstalt

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Berlin - Jeden Tag gibt es neue Ungereimtheiten im neuen Berliner Justizskandal: Über den Ausbruchsversuch von 20 Häftlingen aus der Jugendhaftanstalt Berlin am 18. Mai wurden, wie berichtet, Öffentlichkeit und Polizei nicht informiert: Der Fluchtversuch war aber auch kein Thema bei der internen Anstaltskonferenz, die nur vier Tage später stattfand. In dem Protokoll, das dieser Zeitung vorliegt, ist nicht mit einem Wort die Rede von diesem Fluchtversuch.

Nach Informationen dieser Zeitung wurde dabei zunächst von außen eine Leiter an die Mauer gestellt. Anschließend wurde eine weitere, sieben Meter lange Aluminium-Leiter in den Gefängnis-Hof geworfen (siehe Beitrag unten). Dort waren die 20 Häftlinge beim Sport. Eine Berliner Justizsprecherin sagte zwar, der Vorfall sei der Verwaltung „umgehend“ gemeldet worden. Eines aber unterblieb: Der parlamentarische Rechtsausschuss wusste bis zum Wochenende nichts von diesem Fluchtversuch.

„Wir erfahren jeden Tag von zwei bis sechs sogenannten außerordentlichen Vorkommnissen, die von Streitereien, Angriffen bis hin zu Fluchtversuchen reichen können. Bei der Menge können wir nicht über jeden Vorfall den Ausschuss informieren“, sagte Justizsprecherin Barbara Helten. Über den Fluchtversuch und den nächtlichen Drogenhandel von einer benachbarten Kleingartenkolonie aus (siehe Beitrag unten), über den in der Vorwoche das ARD-Magazin „Kontraste“ berichtet hatte soll am Mittwoch im Rechtsausschuss diskutiert werden. „Wir haben den Eindruck, dass vieles vertuscht und verharmlost wird“, sagte CDU-Rechtspolitiker Sven Rissmann.

Berlins Justizsenatorin Gisela von der Aue (SPD) dementierte dagegen, dass es sich bei dem Leiterüberwurf am 18. Mai um einen Ausbruchsversuch gehandelt habe. Von der Aue sagte, die im Gefängnishof gefundene Leiter, die über die fünf Meter hohe Mauer geworfen wurde, sei „sofort von einem Hofposten eingesammelt worden“. Es habe „nie ansatzweise eine Gefahr gegeben, dass da einer stiften geht“, sagte die SPD-Politikerin der „Morgenpost“.

Am Sonntagabend teilte von der Aue dann mit, dass sie bei einem Treffen mit Innensenator Ehrhart Körting und Polizeipräsident Dieter Glietsch eine deutliche Erhöhung der Polizeipräsenz vereinbart habe und zwar „offen und verdeckt“. Die Jugendstrafanstalt werde zudem die Zahl der Hofposten nochmals verstärken. Darüber hinaus werden ab sofort die Hafträume häufiger kontrolliert, um verbotene Gegenstände schneller zu finden. Von der Aue betonte, dass die Anstalt in den 80er Jahren gebaut worden sei. Umbauten sollen jetzt mehr Sicherheit schaffen.

Bereits seit Sonntagmorgen wachen zwei Beamte an der Eingangsschranke zur benachbarten Kleingartenkolonie; nach ihren Aussagen sei eine Dauerbewachung rund um die Uhr angeordnet worden. In der vergangenen Nacht, so sagte ein Kleingärtner, sei es ruhiger als in den vergangenen Wochen gewesen. Er sei „nur“ von vier Jugendlichen angepöbelt worden, die sich in der Dunkelheit in der Kleingartenkolonie herumtrieben und nach der Begegnung verschwanden. Ein neues Päckchen an der Anstaltsmauer belege aber, dass es zumindest einen Schmuggelversuch gab.

Die Berliner CDU und FDP legten der Justizsenatorin den Rücktritt nahe. „Offenbar ist von der Aue mit dem Krisenmanagement überfordert“, sagten CDU-Generalsekretär Frank Henkel und FDP-Rechtspolitiker Sebastian Kluckert. „Von der Aues Stuhl wackelt gewaltig“, sagte Grünen-Fraktionschef Volker Ratzmann. Unterdessen hat eine Privatperson Strafanzeige gegen den Leiter der Jugendstrafanstalt, Marius Fiedler, unter anderem wegen Strafvereitelung im Amt gestellt.

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