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Tatort Kreuzberg. Die Polizei sperrte die Gegend weiträumig ab.

© dpa

Brandenburg: Messerstiche in der Dusche

In der von Flüchtlingen besetzten Gerhart-Hauptmann-Schule in Kreuzberg geschah ein Mord. Viele geben dem Bezirk die Schuld

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Berlin - Eine Hundertschaft war sofort da, um den Tatort und die gesamte Straße vor der Schule abzusperren. Bei vorangegangenen Gewalttaten hatten Unterstützer der Flüchtlinge immer wieder die Polizei massiv bedrängt. Doch die von 200 Flüchtlingen besetzte Gerhart-Hauptmann-Schule in Berlin-Kreuzberg wurde am Freitag nicht geräumt, das twitterte das Polizeipräsidium vorsorglich. Ein Gambier hatte einen Marokkaner erstochen, in der Gemeinschaftsdusche, einer wollte rein, der andere wollte das nicht, es setzte sofort drei Messerstiche. So erzählte es ein junger Araber dieser Zeitung. Das mit der Dusche bestätigte die Polizei, worum es genau ging, blieb unklar. Wie der junge Araber berichtete, würden „die Marokkaner“ Kokain nehmen und trinken, das sei der Auslöser gewesen. Dies bestätigte die Polizei nicht.

Viele Menschen waren Zeugen der Bluttat im Vorraum der Dusche, tatsächlich floss sehr viel Blut. Ein Notarzt konnte dem 29-jährigen Marokkaner nicht mehr helfen. Der Tatverdächtige konnte Minuten später auf der Straße erwischt werden: Der vom Bezirk engagierte Wachschutz hatte den Mann verfolgt und die Polizei informiert. Die konnte den Gambier festnehmen, das blutverschmierte Messer hatte er noch bei sich. Eine Mordkommission hat die Ermittlungen übernommen. Die Tat geschah in dem einstöckigen Flachbau vor dem Haupthaus. Nach Angaben der grünen Abgeordneten Canan Bayram gibt es dort die einzigen Duschen in der Schule – weil früher der Sportplatz nebenan war. Nach Bayram kam auch der Linken-Politiker Hakan Tas zum Tatort, beide haben sich in der Vergangenheit für die Flüchtlinge in der Schule eingesetzt. Die weitgehend leer stehende Schule war im Dezember 2012 besetzt worden, seitdem hat es etwa 100 Polizeieinsätze gegeben, viele davon nach Messerangriffen.

Berlins Integrationssenatorin Dilek Kolat (SPD) zeigte sich nach dem Tötungsdelikt betroffen. „Die Zustände sind ausgesprochen schwierig und kaum tragbar für die Menschen“, sagte sie dieser Zeitung. Die Gespräche mit den Flüchtlingen werde man weiterführen. Denn Kolat benötigt eine Liste, auf der alle Flüchtlinge der Schule registriert sind. Solange die Liste aber nicht vorhanden ist, weiß Sozialsenator Mario Czaja (CDU) nicht, welche Flüchtlinge dem Einigungspapier mit dem Senat zugestimmt haben, das damals auch die friedliche Räumung des Oranienplatzes beinhaltete. Es sollen rund 150 sein. Czaja bedauerte das Tötungsdelikt. „Es ist Ausdruck des desolaten Zustandes, der seit Längerem in der Schule herrscht und der schnellstens beendet werden muss.“ Umso wichtiger sei es jetzt, dass Kolat die Verhandlungen mit den Flüchtlingen „mit Nachdruck“ führe. Czajas Verwaltung hat bereits eine Unterkunft für die Flüchtlinge gefunden. Die finalen Verhandlungen werden dem Vernehmen nach derzeit geführt. Von den 467 vom Senat bei der Einigung registrierten Flüchtlingen sind bisher 287 in Flüchtlingsunterkünften untergebracht. Die Bezirksbürgermeisterin von Friedrichshain-Kreuzberg, Monika Herrmann (Grüne), forderte in einer ersten Reaktion auf die Geschehnisse, dass künftig „die Türen der Gerhart-Hauptmann-Schule geschlossen bleiben“. Ihr Vorschlag: Wer das von Flüchtlingen besetzte Gebäude betreten will, muss sich per Hausausweis identifizieren. „Ich gehe davon aus, dass jetzt alle den Ernst der Lage verstanden haben“, sagte die Grünen-Politikerin. Ein Sicherheitsdienst könne die Ausweise kontrollieren. Im Gegensatz zu Herrmann fordert CDU-Kreischef Kurt Wansner die sofortige Räumung und die Unterbringung der Flüchtlinge in einer anderen Unterkunft. „Langsam wird mir übel. Mir fehlen die Worte.“ Das sei eine „Tragödie in einem rechtsfreien Raum“, sagte der CDU-Abgeordnete. Wansner hatte schon vor Monaten davor gewarnt, dass es erst einen Toten geben müsse, bevor sich an der Situation etwas ändern werde. Am Abend wollten Mitarbeiter des Bezirksamtes sich mit Vertretern des Sicherheitsdienstes vor Ort an der Schule beraten. S. Beikler/J. Hasselmann/T. Kather

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