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Brandenburg: Mit viel Energie gegen Braunkohle-Tagebau Heute starten Verbände und Parteien neue Volksinitiative / Vattenfall und Land haben reagiert

Potsdam/Cottbus - In Brandenburg hält der Druck an, den umstrittenen Braunkohletageabbau in der Lausitz mittelfristig gänzlich einzustellen. Die großen Brandenburger Umweltverbände sowie die Grünen und die Linkspartei starten am heutigen Montag in den Fußgängerzonen von Potsdam und Cottbus um 11 Uhr offiziell die Volksinitiative „Gegen neue Tagebaue“ für einen Ausstieg aus der Braunkohle.

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Potsdam/Cottbus - In Brandenburg hält der Druck an, den umstrittenen Braunkohletageabbau in der Lausitz mittelfristig gänzlich einzustellen. Die großen Brandenburger Umweltverbände sowie die Grünen und die Linkspartei starten am heutigen Montag in den Fußgängerzonen von Potsdam und Cottbus um 11 Uhr offiziell die Volksinitiative „Gegen neue Tagebaue“ für einen Ausstieg aus der Braunkohle. Wenn die Initiatoren und Unterstützer, darunter der Umweltbeauftragte der Evangelischen Kirche, in den nächsten Wochen die erforderlichen 20 000 Unterschriften sammeln, muss sich der Landtag mit dem Anliegen befassen. Ungeachtet dessen wird „die Kohle“ bereits auf der Parlamentssitzung in dieser Woche wieder Thema sein. Die Linkspartei ist für einen Ausstieg ab 2050, SPD und CDU sind dagegen.

Die Zukunft der Braunkohle bleibt ein Politikum. Die heute beginnende „grün-rote“ Volksinitiative hat nach Recherchen dieser Zeitung bereits vor dem Start ihre Wirkung nicht verfehlt. Sie war im Frühjahr angekündigt worden, als die Lausitz wegen einer vom Wirtschaftsministerium vorgelegten Braunkohle-Studie in heller Aufruhr war: Rund 11 000 Menschen in 33 Dörfern hatten allen Grund zur Sorge, ihre Häuser wegen der bis zu sieben geplanten neuen Tagebaue zu verlieren. Dieses „Horrorszenario“ ist mittlerweile vom Tisch. Stattdessen hat der Chef des schwedischen Vattenfall-Konzerns Lars-Göran Josefsson Mitte September mit Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) deutlich abgemilderte Planungen vorgestellt, nach denen in den nächsten Jahrzehnten noch 900 Menschen sozialverträglich umgesiedelt werden sollen. In der Lausitz sind drei neue Tagebaue „Jänschwalde-Nord“ (ab 2028), „Bagenz-Ost“ und „Spremberg-Ost“ (ab 2035) geplant. Ihnen sollen bis 2018/2020 die drei Dörfer Kerkwitz, Atterwasch und Grabko weichen (siehe Grafik).

Vattenfall stellt aber klar, dass die neuen Tagebaue nur dann in Angriff genommen werden, wenn es mit einer Milliarden-Investition gelingt, bis 2020 neue Kraftwerke ohne Ausstoß des klimaschädlichen Treibhausgases Kohlendioxid zu entwickeln. Die heutigen Kraftwerke Jänschwalde und Schwarze Pumpe, die von drei Tagebauen in der Lausitz mit Braunkohle beliefert werden und vor allem Strom für andere Bundesländer produzieren, gelten als „Klimakiller.“ Sie sind nach Angaben des Landesumweltamtes der Hauptgrund, dass das Land Brandenburg beim CO2-Ausstoß zu den Spitzenreitern in Deutschland gehört.

Landesregierung und Vattenfall-Konzern machen intern keinen Hehl daraus, dass die entschärften Tagebau-Pläne Mitte September rechtzeitig vor dem Start der sonst chancenreichen Volksinitiative „Gegen neue Tagebaue" präsentiert werden mussten, um dieser Wind aus den Segeln zu nehmen. Dass die Initiative nun trotzdem nicht abgeblasen wird, begründen die Initiatoren vor allem mit den umstrittenen Erfolgsaussichten neuer klimafreundlicher Braunkohlekraftwerke, der weiteren Zerstörung der Landschaft, vor allem aber mit dem im Land zuletzt ohnehin forcierten Ausbau von erneuerbaren Energien. Die Landesregierung in Potsdam setzt auf einen Energiemix aus „sauberer“ Braunkohle und regenerativen Energien, die forciert ausgebaut werden sollen.

Die Volksinitiative will nun Unterschriften für einen Gesetzentwurf sammeln, der die Genehmigung neuer Tagebaue ausschließt. Außerdem tritt man für eine Änderung des Braunkohlegrundlagengesetzes von 1997 („Horno-Gesetz“) ein, damit dort der Braunkohlebergbau nicht mehr als „gemeinwohldienlich“ festgeschrieben wird. Brandenburgs Verfassung sieht zwar eine Volksgesetzgebung vor, stellt aber dafür hohe Hürden: Wenn in der ersten Stufe die erforderlichen 20 000 Unterschriften der Volksinitiative erreicht werden, der Landtag das Ansinnen aber ablehnt, kann eine weitere Stufe ein Volksbegehren gestartet werden: Dafür sind 80 000 Unterschriften nötig. Wird das wiederum vom Landtag abgelehnt, muss ein Volksentscheid angesetzt werden - in der Geschichte Brandenburgs gab es diesen Fall allerdings noch nie.

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