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Brandenburg: Mord in der Scheune
Obwohl Wolfgang Raeke schon im Ruhestand ist, lassen den ehemaligen Kriminaltechniker Mord und Totschlag nicht los. Nun veranstaltet er Krimi-Abende in der Oderregion
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Treplin - Wolfgang Raeke kommt trotz Ruhestands von seinem früheren Beruf einfach nicht los. 40 Jahre lang war der gebürtige Seelower als Kriminalist und Kriminaltechniker in Polizeiermittlungen involviert. „20 Jahre arbeitete ich in der DDR und genauso lang im wiedervereinten Deutschland“, erzählt er. Im Frankfurter Polizeipräsidium war der 62-Jährige unter anderem für das Erstellen von Täter-Phantomzeichnungen zuständig. Von seinen Erlebnissen und nach wie vor guten Kontakten zu früheren Kollegen profitiert mittlerweile eine treue Fangemeinde.
Denn regelmäßig macht Raeke die 100 Plätze bietende Amtsscheune von Treplin bei Frankfurt (Oder) zur Krimi-Scheune. Die Sprache der Toten, die menschliche Stimme als kriminalistische Spur und die Cyber-Kriminalität sind Themen, für die er schon Gerichtsmediziner, Experten des Brandenburger Landeskriminalamtes sowie Autoren von Sachbüchern über spektakuläre Kriminalfälle als Referenten gewinnen konnte. Sie geben Einblicke in die kriminalistische Ermittlungsarbeit oder sprechen über spektakuläre Kriminalfälle der vergangenen Jahrzehnte. Im November soll es in der Scheune um Morduntersuchungen in der damaligen DDR gehen.
„Interessierte Bürger bekommen in der Krimi-Scheune authentische Einblicke in die Arbeit der Kriminalisten – was man sonst nur aus dem Fernsehen kennt“, sagt Petra Thoben, Vizechefin des Trepliner Dorfentwicklungvereins „Glück auf ’98“. „Die Krimi-Scheune ist unser absolutes Zugpferd. Da kommen Gäste selbst aus Berlin und so wird Treplin auch außerhalb der Gemeinde bekannt“, lobt sie Raekes Engagement. Inzwischen müssten sich Krimi-Fans anmelden, um sich einen Platz in der Scheune zu sichern.
Der 62-jährige Ex-Kollege leiste mit seinem Ehrenamt wertvolle Dienste bei der Aufklärung der Bevölkerung in Sachen Kriminalitätsbekämpfung, sagt auch der Sprecher der Polizeidirektion Ost, Ingo Heese. „Deswegen bekommt Raeke von uns auch jede Unterstützung, beispielsweise bei der Gewinnung von Referenten.“ Dass sich der 400-Seelen-Ort künftig auch über die Landesgrenzen hinaus einen Namen macht, dafür will der umtriebige Ruheständler mit einem Kriminalmuseum sorgen. Es soll in der ersten Etage der Amtsscheune entstehen, noch aber fehlt der Gemeinde Geld für den Ausbau, wie Thoben bedauert. In dem Museum will Raeke seine Sammlung mit Kriminaltechnik aus sieben Ländern zeigen. Herzstück ist ein amerikanischer Lügendetektor – mit Gurten, Sensoren und Fingerelektroden für die Messung von Atemfrequenz, Blutdruck und Puls, wie der Laie das aus einschlägigen Filmen kennt.
„Die Sache funktioniert aber nicht“, ist Raeke überzeugt. Erregung aus Empörung und Angst lässt sich seiner Ansicht nach aufgrund der gemessenen Werte nicht unterscheiden. Deswegen sei der Lügendetektor in Europa auch nicht als Beweismittel zugelassen, sagt der Experte, der nach eigenen Angaben Beispiele gesammelt hat, in denen das Gerät in den USA zu falschen Verdächtigungen geführt hat. Ein weiteres Sammlerstück ist ein sogenanntes ABV-Besteck, ein Kästchen unter anderem mit Pinsel, Schere und Eisenpulver. „Das hatten die Abschnittsbevollmächtigten der Volkspolizei zu DDR-Zeiten bei sich, um Spuren beispielsweise bei Kellereinbrüchen und ähnlichen Delikten zu sichern“, erläutert Raeke.
Zu seinen Exponaten gehören zudem ein polnischer Schablonenkoffer zur Erstellung von Phantombildern und eine ganze Kollektion von Kameras, mit der einst Tatverdächtige observiert wurden. Darunter ist die zu ihrer Zeit kleinste Spiegelreflexkamera „Tessina“, Schweizer Fabrikat, die in eine Zigarettenschachtel passte und bis zur Einführung der Digitaltechnik von Spezialeinheiten der Polizei weltweit verwendet wurde. Ein kurioses Sammlerstück ist die Aktentasche, durch deren Schloss einst fotografiert wurde – der Auslöser dafür befand sich im Taschengriff.
Jeanette Bederke
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