Brandenburg: Mörder von Hatun Sürücü abgeschoben
Türkische Behörden ermitteln zu Ehrenmord
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Berlin - Die Tat löste großes Entsetzen aus und entfachte eine Debatte über Ehrenmorde, Zwangsehen, fehlende Integration und familiäre Gewalt. Doch bis heute zeigen die drei kurdischstämmigen Brüder keine Reue. Sie hatten ihrer Schwester Hatun Sürücü am 7. Februar 2005 gemeinsam in mörderischer Absicht an einer Bushaltestelle in Tempelhof aufgelauert. Der jüngste Sohn der anatolischen Großfamilie, der in Berlin geboren wurde, damals 18 Jahre alt war und keinen deutschen Pass hatte, schoss seiner Schwester in den Kopf, gestand dies später, verbüßte neun Jahre und fünf Monate Haft – und wurde nun in die Türkei abgeschoben. Er wurde gestern Morgen aus dem Gefängnis Plötzensee abgeholt und zum Flughafen Tegel gefahren. Zwei Bundespolizisten begleiteten den Entlassenen auf dem Flug von Tegel nach Istanbul.
Die Berliner Ausländerbehörde hatte noch während der Haft die Ausweisung des Mannes verfügt. Der Verurteilte habe auch hinter Gittern keine „plausible Reue“ gezeigt. Dies führe zu dem Schluss, dass er „auch zukünftig nicht willens und bereit“ sei, „sich in die hiesige gesellschaftliche und verfassungsmäßige Ordnung zu integrieren“.
Seine zwei etwas älteren Brüder Mutlu und Alpaslan waren im Prozess um den Mord an ihrer Schwester zunächst wegen Mangels an Beweisen vom Berliner Landgericht freigesprochen worden. Sie reisten in die Türkei aus. Der Freispruch für die Brüder wurde ein Jahr später vom Bundesgerichtshof aufgehoben. Eine Neuverhandlung vor einem deutschen Gericht war nicht möglich, weil die Türkei Tatverdächtige nicht ausliefert. Inzwischen gibt es auch dort Vorermittlungen gegen die Brüder wegen des Verdachts der Mittäterschaft. Die türkischen Behörden können dabei seit Sommer 2013 auf Berliner Prozessakten zurückgreifen.
Hatun Sürücü war mit 16 Jahren von ihren Eltern vom Gymnasium abgemeldet und mit einem Cousin in der Türkei zwangsverheiratet worden. 1999 brach sie aus, kehrte schwanger nach Berlin zurück, begann eine Lehre, legte das Kopftuch ab und lebte selbstständig. Aus Sicht ihrer Eltern und Brüder beschmutzte sie damit die Ehre der Familie.CS, TR, dpa
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