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Brandenburg: Münchs Ausfall
Bildungsministerin verkündet Einstellungsrekord – doch seit 2009 gingen mehr Lehrer in den Ruhestand
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Potsdam - An Brandenburgs Schulen fallen weniger Unterrichtsstunden ersatzlos aus als in Sachsen, Thüringen oder Mecklenburg-Vorpommern. Das sagte SPD-Bildungsministerin Martina Münch, die unter anderem wegen des Unterrichtsausfalls im Land schon seit Längerem massiv unter Druck steht, am Mittwoch auf einer Pressekonferenz zum neuen Schuljahr 2014/2015 in Potsdam. Danach fallen in Brandenburg jedes Schuljahr 1,9 Prozent der 12 Millionen Unterrichtsstunden ersatzlos aus, in Sachsen seien es 3,6 Prozent, in Thüringen 3,1 Prozent, in Mecklenburg 2,7 Prozent. „Damit steht Brandenburg auch im bundesweiten Vergleich gut da“, sagte Münch.
Zwar hatte jüngst selbst Sachsens Ministerpräsident, Stanislaw Tillich (CDU), bei einem gemeinsamen Termin mit dem brandenburgischen CDU-Spitzenkandidaten Michael Schierack, für den Ausfall ein Hauptwahlkampfthema ist, in Mühlberg von ähnlichen Ausfall-Problemen in seinem Land gesprochen. Doch Tillich konnte im Gegensatz zu Brandenburg zumindest darauf verweisen, dass Sachsen nach allen Vergleichen trotzdem eins der leistungsfähigsten – wenn nicht das leistungsfähigste – Schulsystem in Deutschland hat. Brandenburg dagegen landete gerade wieder beim Bildungsmonitor, erstellt vom Kölner Institut für Wirtschaft (IW), auf Platz 14 von 16 Bundesländern. Die Studie, in der Brandenburg allerdings auch wegen seiner jahrelang chronisch vernachlässigten Hochschulen abgeschlagen liegt, hat den Schulen im Vergleich zum Vorjahr sogar einen Qualitätssprung attestiert. Aber, so der für eine rot-rote Koalition besonders brisante Befund, das Abschneiden der Schüler in den Leistungen hänge stark vom sozialen Status der Eltern ab.
Das bezweifelte Münch – und verwies auf amtliche Untersuchungen des Instituts für Qualitätsentwicklung im Bildungswesen (IQB), dem länderfinanzierten Institut der Kultusministerkonferenz, das für Brandenburg mehrfach das Gegenteil festgestellt habe. „Es gibt hier keinen signifikanten Zusammenhang zwischen Leistungen und sozialem Status.“
Und der geringere ersatzlose Ausfall von Unterricht ist auch nur eine Seite. Insgesamt werden in Brandenburg – wenn man Vertretungen und Selbstbeschäftigungen von Schülern dazu zählt – nach Angaben des Münch-Ministeriums eine Million Unterrichtstunden nicht nach Plan gegeben. In signifikantem Umfang erhielten Schüler auf Zeugnissen keine Noten in bestimmten Fächern, weil Unterricht nicht erteilt worden war.
Die Hauptbotschaft von Münch auf der Pressekonferenz war aber eine andere, nämlich die Rekordmeldung, dass Brandenburg (PNN berichtete) zum neuen Schuljahr 900 neue Lehrer einstellt, „so viele wie nie in der Geschichte des Landes.“ Dies sei, so die Ministerin, Ergebnis harter Arbeit. Dass es 6500 Bewerbungen aus der ganzen Bundesrepublik gegeben habe, zeige aber auch, wie attraktiv Brandenburg und seine Schulen seien. Es sei gelungen, die benötigten Lehrer für alle Fächer, Schulformen und Regionen zu finden. Sie gehe davon aus, dass es bei der Schüler-Lehrer-Relation – 15,4 Schüler auf einen Pädagogen – bleibe. Im bundesweiten Vergleich sei dies ein guter Wert. Wahrscheinlich werde der Wert mit den Neueinstellungen sogar geringer sein, sagte Münch. Genaue Zahlen hatte die Ministerin – kein Einzelfall – nicht parat.
Seit Beginn der rot-roten Regierung 2009 hat Brandenburg nach Angaben Münchs damit 2859 Lehrer eingestellt. Das Klassenziel sei erreicht, hieß es dazu in einer Pressemitteilung der SPD-Landtagsfraktion. Allerdings sind, wie aus Antworten des Bildungsministeriums auf Parlamentsanfragen hervorgeht, im gleichen Zeitraum 2908 Lehrer ausgeschieden. Unterm Strich sind also sogar etwas weniger Lehrer da als vorher. Münch sagte dazu, die Zahlen seien nicht vergleichbar, weil manche Lehrer in Teilzeit arbeiten würden. Der FDP-Fraktionsvorsitzende, Andreas Büttner, warf Münch „Placebopolitik“ vor.
nbsp;Thorsten Metzner
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