Brandenburg: Münchs Problem
Das Bildungsministerium rebelliert weiter gegen seine Chefin. Dabei gibt es mehr Geld und mehr neue Lehrer – Möglichkeiten von denen alle Vorgänger nur träumen konnten. Und manches klappt auch
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Potsdam - Die Schulen im Land sind wegen der Sommerferien verwaist. Doch im Bildungsministerium herrscht Hochbetrieb, und weiter dicke Luft. Damit im neuen Schuljahr ab Ende August nicht noch mehr Unterricht ausfällt, muss das Land knapp eintausend Lehrer einstellen, so viele wie nie zuvor seit 1990. Was noch vor einem halben Jahr als fast unmöglich galt, ist inzwischen sogar fast geschafft. „Es läuft, die Einstellungen erfolgen fast täglich“, bestätigt Stephan Breiding, der Sprecher des Ministeriums. „Mehr als 80 Prozent des Bedarfs sind bereits gedeckt.“ Die Resonanz auf die eher nüchterne Anzeigenkampagne Brandenburgs, mit der das Land bundesweit Lehrer suchte, hatte jedenfalls alle Erwartungen übertroffen. „Es sind mehr als 6500 Bewerbungen eingegangen.“
Es gibt also durchaus einmal gute Nachrichten aus dem viel gescholtenen Bildungssystem der Mark. Gerade hatte die rot-rote Regierungskoalition, knapp zwei Monate vor der Landtagswahl am 14. September, auch noch verkündet, dass alle Lehrer im Land ab 2015/2016 eine Unterrichtsstunde pro Woche weniger arbeiten müssen. Damit wird eine Forderung erfüllt, mit der die Gewerkschaft für Erziehung und Wissenschaft (GEW) vorher eineinhalb Jahrzehnte auf Granit gebissen hat. Und trotzdem gibt es im Landtag selbst in den eigenen Reihen kaum einen, der solche Fortschritte der Frau zuschreiben würde, die seit 2011 die Verantwortung für die Schulen trägt, die mehr Ressourcen hat als alle Vorgänger: Bildungsministerin Martina Münch (SPD), die stattdessen interne Probleme im Ministerium nicht los wird, nicht in den Griff bekommt. Dort stößt die eingeleitete Reform der Staatlichen Schulämter, die zu vier Regionalämtern gestrafft und einem neuen gebildeten Landesschulamt unterstellt werden, weiter auf Widerstände. Nachdem es im Frühsommer bereits Unterschriftensammlungen gegen die Amtsführung und Personalpolitik Münchs und ihres Staatssekretärs Burkhard Jungkamp gab, hat sich jetzt der Hauptpersonalrat in einem Brief an die Ministerin erneut beschwert. Die Arbeit im Ministerium habe einen Zustand erreicht, „der uns mit großer Sorge erfüllt“, heißt es in dem Schreiben vom 26. Juni, das den PNN vorliegt. „Mittlerweile gibt es eine Bündelung von nicht nachvollziehbaren Entscheidungen und Äußerungen, die eine geordnete Arbeit in Zweifel ziehen.“ Konkret nimmt der Hauptpersonalrat zum Beispiel Anstoß am unglücklichen Agieren Münchs beim Aufbau des Landesschulamtes, bei der Schulämterreform. „Die Schwächen der Vergangenheit lagen aus unserer Sicht nicht vordergründig bei den Schulämtern, sondern vor allem im Ministerium selbst.“
Wie berichtet hatte Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) nach einem Veto der Linken in der rot-roten Koalition den Versuch Münchs gestoppt, kurz vor der Landtagswahl ihre Büroleiterin zur Präsidentin des neuen Landesschulamtes zu machen, nach einer allein landesinternen Ausschreibung, bei der sie die einzige Bewerberin war. Und bei der Personalie, die nun nach der Wahl dem neuen Kabinett vorgelegt werden soll, soll es laut Münch auch bleiben, die neue Schulbehörde mit einer kommissarischen Spitze wie geplant am 1. Oktober starten.
Dagegen interveniert der Hauptpersonalrat in seinem Schreiben, fordert wie die Landtagsopposition aus CDU, Grünen und FDP „eine sofortige bundesweite Neuausschreibung und eine Verschiebung des Starts“ des Landesschulamtes „bis zur Klärung der personellen Besetzung“. Die Ausschreibung lediglich landesweit durchzuführen und die öffentliche Diskussion nach Abschluss des Verfahrens haben die designierte Präsidentin „ohne eigene Schuld im Ansehen geschädigt“. Die neue Behörde könne den Betrieb nur aufnehmen, heißt es weiter, „wenn alle Leitungsentscheidungen dauerhaft gesichert“ seien. „Eine verfügte kommissarische Leitung wird diesem Anspruch nicht gerecht.“ Münch lehnt dies weiter ab. „Es wäre fatal, den gesamten Ablauf infrage zu stellen“, sagte Breiding. Das Landesschulamt könne auch ohne Präsidentin an den Start gehen.
Des Weiteren beschwert sich der Personalrat über Äußerungen Münchs zu Zwangsversetzungen von Lehrern aus dem Speckgürtel in berlinferne Regionen, die die Ministerin nach einem Aufschrei in der Lehrerschaft und einer Rücktrittsforderung der GEW zurückgenommen hatte. „Von Mitgliedern der Landesregierung erwarten wir Sachkompetenz und eine gute Vorbereitung auf Pressegespräche“, rügt der Personalrat die Ministerin. „ Von daher empfinden wir Entschuldigungen, dass man missverstanden wurde, als nicht akzeptabel.“ Auf das Schreiben hat Münch reagiert. Laut Breiding hat es „ein Gespräch mit der Ministerin gegeben, bei dem alle Themen besprochen wurden“. Fortsetzung folgt?
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